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Vom Pionier zum Trendsetter – Brock Keen

20.09.2023 Von Richard Lindhorst
Vom Pionier zum Trendsetter – Brock Keen

Mittlerweile ist es fast fünf Jahre her, dass wir uns mit dem Kopf hinter dem Instagram-Account 996roadtrip zum Elferspot Porsche Talk verabredeten. Sein Name war Brock Keen. Mittlerweile ist Brock so etwas wie ein Internet-Phänomen. Mit seinem Porsche 996 Carrera 4S macht er Roadtrips, inklusive Hund und Dachzelt. Wir haben nachgefragt, wie sich sein Leben verändert hat, seit seine Story um die Welt ging. Schließlich ist er der Grund, wieso Porsche mittlerweile ein Dachzelt über Porsche Tequipment anbietet.

Hey Brock, es ist viel passiert in den letzten Jahren. Wie fühlt man sich so als Trendsetter? Selbst Porsche CEO-Oliver Blume wandelt ja mittlerweile auf deinen Spuren.

Ich konnte es erst gar nicht glauben, als ich hörte, dass Oliver Blume bei den 24 Stunden von Le Mans in einem 911er mit Dachzelt campiert. Das ist für mich völlig surreal. Lange Zeit habe ich auch versucht, es zu leugnen, aber allein der Gedanke, dass ich einen milliardenschweren Autohersteller dazu bewegen könnte, Dachzelte zu produzieren, ist einfach verrückt.

Mir hat ein Follower neulich ein Foto geschickt vom Le Mans Classic Campingplatz. Da gab es eine eigene Dachzelt-Sektion! Unglaublich. Ich habe das alles nie für Likes gemacht. 996roadtrip wurde einfach aus Spaß an der Freude gegründet und um meine Lieblingsleidenschaften miteinander zu verbinden.

Wie geht es dir damit, dass du plötzlich „prominent“ bist?

Es war eine Umstellung, ganz klar. Aber ich fühle mich immer noch ganz normal, auch wenn es eine Art kleines Insta-Promi-Leben ist. Klar, es ist cool, aber auf der anderen Seite ist es manchmal auch beängstigend. Es gab eine ziemlich denkwürdige Situation nach einem Roadtrip für Porsche, bei dem wir ein Kanu auf das Dach eines Porsche 992 Carrera GTS packten und eine Woche lang die Berge und Seen der Adirondacks erkundeten.

Wir sind von New York zurück nach Oregon geflogen und hielten auf dem Rückweg bei unserem Lieblingsrestaurant an. Der Kellner sagte zu mir, dass er meine Kappe cool findet. Als er dann das nächste Mal an den Tisch kam, sagte er zu mir: „Bist du nicht 996roadtrip?“. Das passiert mir immer öfter und es ist irgendwie verrückt, surreal für mich.

Auf der SEMA im November war es noch verrückter. Ich hing dort herum und hatte eine gute Zeit. Ein Werbepartner hatte Hunderte von Postern mit meinem Auto ausgedruckt und verteilte sie an die Leute. Ein Besucher erkannte mich und fragte, ob ich das Poster signieren könnte. Nach der ersten Unterschrift bildete sich eine Schlange von Leuten, die auch ein Autogramm wollten. Das war so ziemlich das Unwirklichste, was mir je passiert ist. Ich bin keine große Nummer, nur ein normaler Typ, der tut, was er liebt. Ich fühlte mich von ihm und allen anderen, die ein Autogramm wollten, wirklich geehrt, aber diese Situationen fühlen sich immer noch sehr surreal und ein bisschen seltsam an.

Das war so ziemlich das Unwirklichste, was mir je passiert ist. Ich bin keine große Nummer, nur ein normaler Typ, der tut, was er liebt.

Brock Keen über eine Situation bei der SEMA, wo sich Fans in Schlangen für sein Autogramm anstellten.

Und was sagt Mrs. Brock Keen dazu, dass sie Mann und Hund mittlerweile mit der ganzen Welt teilt?

Sara sagt oft, wir sollten umziehen und in einer privateren Umgebung leben. Wenn ich meine Autos in der Einfahrt wasche, kommen ab und zu Leute vorbei, bleiben stehen, um zu reden und ein paar Fotos zu machen. Bis jetzt waren alle immer sehr freundlich. Trotzdem ist es auch ein bisschen beunruhigend, so in der Öffentlichkeit zu stehen.

Aber meine Frau wird mich auf jeden Fall im Zaum halten, wenn ich anfange, mich wie jemand zu verhalten, der ich nicht bin. Ich sage ihr immer, dass sie mir auf jeden Fall eine Standpauke halten soll, wenn ich mal etwas Unangemessenes sage. Zum Glück musste sie bisher noch nicht eingreifen. Egal was passiert, ich versuche immer, der zu bleiben, der ich immer war, und bescheiden zu bleiben.

Wie hat sich dein Alltag und dein Berufsleben seitdem verändert?

Die letzten vier oder fünf Jahre waren eine wilde Reise. Es begann mit einer großen Campingtour und hat sich inzwischen zu meiner eigenen Produktionsfirma entwickelt. Ende 2019 trat Porsche Classic an mich heran, um einige nutzergenerierte Inhalte für das damals neue Porsche Classic Communication Management Plus (PCCM+) zu erstellen. Daraus entwickelte sich eine umfangreiche Zusammenarbeit und eine sehr erfolgreiche Videoproduktion.

Letztes Jahr lud mich Porsche ein, nach Zuffenhausen zu kommen und einen Roadtrip zum Le Mans Classic Rennen zu dokumentieren. Vier Tage lang fuhren wir in einem Porsche Taycan Cross Turimso mit einem Prototyp-Porsche-Dachzelt durch den Schwarzwald und quer durch Frankreich nach Le Mans – es war unglaublich. In den letzten vier Jahren hat sich mein Leben von einer Tour durch den pazifischen Nordwesten zu einer Reise um die ganze Welt entwickelt!

Kürzlich war ich in Stuttgart anlässlich Porsches 75-jährigen Markenjubiläums. Porsche lud mich zu einer exklusiven Veranstaltung im Museum ein. Dort durfte ich sogar die Familie Porsche kennenlernen. So etwas hätte ich mir nie träumen lassen. Das war eine große Ehre und insgesamt eine tolle Erfahrung.

Du bist anschließend in Europa für einen weiteren Roadtrip mit Moe von Sickalps geblieben. Erzähl mal, wie war es?

Die Entscheidung, nach dem 75-jährigen Jubiläum mit der Sickalps-Familie in Europa zu bleiben, fiel recht spontan. Da ich in letzter Minute keinen Leihwagen von Porsche organisiert hatte, beschloss ich, meine Follower über Instagram zu kontaktieren. Ich fragte, ob mir jemand leihweise mit einem Elfer für die Rallye helfen könnte. Ein Follower aus Prag meldete sich fast sofort und bot mir seinen Porsche 993 Carrera S für die Fahrt an.

Während mein Team also mit dem Kamerawagen nach Zell am See fuhr, flog ich nach Prag. Ich war noch nie dort und hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde. Die Kommunikation war ein bisschen heikel und beängstigend. Ein Instagram-Follower, den ich noch nie getroffen hatte, bot mir seinen sehr schönen luftgekühlten 993 für einen Roadtrip durch mehrere Länder an. Was konnte da schon schiefgehen? Ich stieg aus dem Flugzeug, nahm mir ein Taxi und fuhr zu der Adresse, die mir genannt wurde, um das Auto abzuholen. Zugegeben, ich war etwas nervös. Ich hatte Angst dass es sich um einen Scherz handelt! Aber als ich hörte, wie sich ein Porsche 993 näherte, wusste ich, dass es real ist!

Das klingt abenteuerlich. Wie ging es weiter?

Ich stand dort und sah diesen Porsche 993 in Silber mit schwarzem Leder. Es war ein sehr schönes Auto… Allerdings war der Typ, der das Auto „geliefert“ hat, nicht derjenige, mit dem ich auf Instagram in Kontakt war. Es war ein „Freund“ von ihm. In diesem Moment kam mir der Gedanke, dass dieser 993 vielleicht gestohlen war und ich dazu benutzt wurde, ihn in ein anderes Land zu transportieren. Aber die Sorge war völlig unbegründet. Das Auto war fantastisch. Es hatte alles, was man an der Generation 993 so liebt, den Klang, den Geruch und das Fahrverhalten. Die ersten Kilometer außerhalb der Stadt machten richtig Spaß.

Die Situation war unheimlich. Da war ich in einem Land, dass ich vorher noch nie gesehen hatte und niemand, den ich bis dahin getroffen hatte, sprach Englisch.

Brock Keen

Aber 80 Kilometer später in den Bergen bemerkte ich, dass ein Reifen Luft verlor. Ich befand mich auf einer kurvenreichen, zweispurigen Straße. Vor und hinter mir fuhren Motorräder, so dass ich nirgends sicher anhalten konnte. Ich musste eine gefühlte Ewigkeit weiterfahren, bis der Reifen schließlich kaputt war. Ich hielt an einer verlassenen Tankstelle an. Es war niemand da. Die Situation war unheimlich. Da war ich in einem Land, dass ich vorher noch nie gesehen hatte und niemand, den ich bis dahin getroffen hatte, sprach Englisch.

Da bin ich also, mitten im Nirgendwo, keine Tankstelle, nichts. Zu meinem Glück funktionierte der uralte Notkompressor noch und der Ersatzreifen hielt die Luft. Da ich keinen 2.000 Kilometer langen Roadtrip mit dem Ersatzreifen machen wollte, schickte ich eine Nachricht an meine Follower über die Situation und fragte, ob jemand einen Reifen für mich hätte. Glücklicherweise bekam ich in Zell am See ein neues Rad und einen neuen Reifen. So hat sich meine Situation von schrecklich zu fantastisch verwandelt, weil die Jungs gemeinsam geholfen haben. Die Porsche-Community ist wirklich unglaublich.

Aber bist du nicht mit einem Porsche 996 Carrera 4S, ganz ähnlich deinem, weitergefahren?

Und wieder kamen einige großartige Zufälle zusammen. Der Besitzer des 993, den ich mir ausleihen durfte, nahm am zweiten Tag ebenfalls an der Rallye teil! Interessanterweise fuhr er einen 996 C4S, der seinem Freund (ebenfalls ein Follower von mir) gehörte. Er fragte mich, ob ich diesen Wagen statt seines 993 fahren wolle. Da musste ich nicht zweimal überlegen!

Und da stand ich nun, vor einem atlasgrauen Porsche 996 Carrera 4S. Das Auto war fast genauso ausgestattet wie mein eigener 4S. Ich war hin und weg! Wir haben dann die Autos getauscht. Ich fuhr also einen Roadtrip auf einem anderen Kontinent in einem Auto, das meinem eigenen wie aus dem Gesicht geschnitten war. Unglaublich!

Zwischenzeitlich hattest du einen Porsche 996 GT3 mit Dachzelt. Was ist daraus geworden und was hast du in Zukunft noch vor?

Ein Porsche 996 GT3 war schon lange ein großer Traum von mir. Ich bin damit eine Zeit lang campen gegangen und habe es ein bisschen genossen. Es stellte sich jedoch heraus, dass das Timing nicht ganz richtig war. Das Auto war nicht genau das, was ich suchte, und so hielt diese Ehe nicht lange. In den letzten Jahren habe ich ein paar Autos gekauft. Darunter einen weiteren 996 4S.

Diesen Wagen mache ich gerade geländetauglicher. Er bekommt ein spezielles Gewindefahrwerk, größere Reifen, mehr Bodenfreiheit und ein paar andere Dinge, die das Auto zu dem 996 Dakar machen, den Porsche nie gebaut hat. Es gibt andere 996, die als „Safari“-Autos gebaut werden, aber die gehen mir meist ein bisschen zu weit. Ich möchte ein Auto, das sehr nah am Original ist. Denn Porsche entwirft großartige Autos, und ich will es nicht übertreiben.

Außerdem braucht auch mein Porsche 996 Carrera 4S etwas Zuwendung. Er hat mittlerweile über 300.000 Kilometer auf der Uhr. Ich merke einfach, dass das Auto in die Jahre kommt. Als erstes werde ich das Fahrwerk erneuern müssen. Auch Arbeiten am Motor stehen an. Ich muss zwar nach wie vor kein Öl zwischen den Wechselintervallen nachfüllen, aber irgendwann muss der Motor sicher überholt werden. Außerdem würde ich ihn generell gern wieder etwas aufhübschen. Eine Überlegung ist auch, den 4S auf 2S umzubauen, also das vordere Differenzial auszubauen.

Welche Ziele hast du noch? Wohin geht der nächste 996 Roadtrip?

Der nächste Trip – wieder in Europa – verläuft entlang der originalen Streckenführung der Rally Monte Carlo. Das wird großartig. Wir haben zwar in den USA auch tolle Strecken, aber so viele großartige Pässe auf so kleinem Raum wie in Europa gibt es bei uns nicht. Deshalb habe ich hin wieder auch über eine „second base“ in Europa nachgedacht.

Aber trotzdem habe ich noch einen Roadtrip durch Utah im Sinn. Das ist die amerikanische Gegend, die den Alpen am nächsten kommt. Auch die Sierra Nevada ist landschaftlich toll. Dieses Jahr steht definitiv auch wieder der Roadtrip von Oregon nach Monterey zur Car Week an. Das war vor fünf Jahren mein erster Roadtrip und ist ein kleines Jubiläum für mich.

Als wir vor vier Jahren das erste Mal sprachen, war dein Traum-Elfer ein 1973er Porsche 911 Carrera RS. Wäre der immer noch der erste Porsche auf deiner Liste, wenn Geld keine Rolle spielen würde?

Wenn Geld so gar keine Rollen spielen würde, wäre mein Alltagsauto vermutlich ein Porsche 959 S. Ich mag Autos mit großer Bedeutung für die Entwicklung der Marke. Und der Porsche 959 war ein technologisches Showcase. Porsche hat alles reingepackt, was damals verfügbar war. Ich glaube, das wäre ein cooler daily driver, der sogar Komfort und Stauraum bietet. Auch den Porsche 911 Dakar finde ich großartig. Mit ganz viel Glück könnte ich sogar einen Slot für eine Bestellung bekommen. Aber das steht noch aus.

Wir drücken dir ganz fest die Daumen! Vielen Dank Brock, es war wieder mal eine Freude mit dir, zu sprechen.

Die Freude war ganz meinerseits. Bis zum nächsten Mal!

© Fotos: Brock Keen, falls nicht anders gekennzeichnet

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