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Toblerone Porsche 911 Carrera RSR 3.0 – Chronik eines Rennwagens

03.06.2022 Von Richard Lindhorst
Toblerone Porsche 911 Carrera RSR 3.0 – Chronik eines Rennwagens

Bei den 24 Stunden von Le Mans 1974 machte neben dem Martini Porsche 911 Carrera RSR mit Turbomotor der Werksmannschaft vor allem ein anderer Porsche 911 Carrera RSR 3.0 auf sich aufmerksam – der Toblerone Porsche. Unter Schweizer Flagge steuerten den RSR für den Porsche Club Romand Bernard Chenevière, Peter Zbinden und Michel Dubois zum Klassensieg, Platz 3 der GT-Kategorie und 7 insgesamt. In den Farben des Hauptsponsors Toblerone begann das aufregende Leben von Nr. 9058. Unsere Partner von Historic Cars haben die beeindruckende Dokumentation des Fahrzeugs zusammengetragen. Wir werfen einen Blick in die spannende Renngeschichte eines von nur etwa 50 je gebauten Porsche 911 Carrera RSR 3.0.

Porsche, Le Mans und Toblerone – Das passt zusammen!

In den 1970er Jahren boomte der Motorsport in Europa. Die Szene war verrückt wie nie zuvor. Es gab unzählige Rennserien, in denen echte Profirennfahrer an der Seite talentierter Amateure an den Start gingen. Rennwagen wechselten ständig ihre Eigentümer, wurden modifiziert und für andere Klassen umgebaut. In dieser Zeit suchten die Fahrer selbst nach Sponsoren. Obwohl die Schweiz keine eigenen Rennstrecken hatte, gab es auch dort viele Fahrer, Talente und ambitionierte Teams.

Toblerone Porsche 908/03 Bernard Chenevière, Claude Haldi
Bernard Chenevière im Toblerone Porsche 908/03. Darin holte der Eidgenosse 1973 Gesamtrang 5 bei den 24h von Le Mans. © Lothar Spurzem

Eines dieser vielversprechenden Talente war Bernard Chenevière. Ende der 60er Jahre machte er sich bei Bergrennen einen Namen und ging ab 1970 in der Sportwagenweltmeisterschaft an den Start. Er ging für den Porsche Club Romand aus dem französischen Teil der Schweiz an den Start und fuhr mit Fahrern wie Claude Haldi. Unterstützt wurde er von der prestigeträchtigen Mannschaft Guido Haberthurs aus Lausanne. Das Highlight waren jedes Jahr die 24 Stunden von Le Mans. 1973 startete Chenevière in einem Porsche 908/3 im Team Escuderia Montjuich. Sie errangen darin den fünften Gesamtrang, vor Größen wie Vic Elford und Jürgen Barth. Das Auto blieb den Zuschauern aber primär wegen des prominenten Logos eines schweizer Schokoladenherstellers in Erinnerung: Toblerone.

1974 startete Chenevière wieder in einem Toblerone Porsche, dem 911 Carrera RSR 3.0

Nach Einführung der 3,0 Liter Hubraumgrenze für Prototypen kam es bei Porsche zu einem Paradigmenwechsel. Fortan wurde die Entwicklung hin zu Rennwagen auf 911 Basis verschoben. Die auf Porsche 911 Carrera RS Basis entwickelten Gruppe 4 Renner waren so erfolgreich, dass sogar die Prototypen von Ferrari und Matra bei Rennen in Le Mans, Daytona oder der Targa Florio oft das Nachsehen hatten. 1974 wurde der 2,8 Liter RSR durch ein neues Modell ersetzt. Der Porsche 911 Carrera RSR 3.0 galt als ultimativer Rennwagen aus Zuffenhausen. Die ca. 50 Fahrzeuge waren vom Fleck weg ausverkauft. Alle Kundenteams wollten einen haben. So auch die Garage Haberthur, welche zwei 1974er RSR bestellt hatte – einen für Claude Haldi und einen für Bernard Chenevière.

Eigentlich sollte zunächst Claude Haldi ein Fahrzeug bekommen. Allerdings hatte Haldi Probleme, das Budget zusammenzubekommen. Chenevière auf der anderen Seite konnte schneller die Finanzierung der Rennsaison sicherstellen. Nach Gesprächen mit Interfood in Lausanne wurde gemeinsam mit Toblerone ein Budget von 100.000 Schweizer Franken geschnürt. So erhielt Chenevière den ersten der beiden georderten Porsche 911 Carrera RSR 3.0 bekam. Der im März 1974 produzierte Kundenrenner trug die Chassisnummer 9058 und ist das hier gezeigte Fotomodell.

Der Toblerone RSR fuhr erstmals im März 1974 mit der Startnummer 38 in Le Mans

Kurz nach Auslieferung startete der Toblerone Porsche 911 Carrera RSR 3.0 beim Test zu den 24h von Le Mans im März 1974. Zu diesem Zeitpunkt war das Auto mit der Startnummer 38 noch gelb lackiert. Direkt nach dem Test wurde der Wagen in einer Lackiererei in St. Sulpice tobleronefarben lackiert. Das bedeutet creme und rot mit den charakteristischen Toblerone Lettern. Nun war 9058 einsatzbereit für das erste 1000 km Rennen in Monza. Dort qualifizierten sich Chenevière/Zbinden jedoch nicht. Erst bei den 1000 km von Spa sah der Toblerone die Zielflagge auf Gesamtrang 9. Nach Platz 22 am Nürburgring folgte im letzten Rennen vor Le Mans, den 1000 km von Imola ein Ausfall.

Die Vorzeichen für das 24 Stunden Rennen an der Sarthe standen also nicht gut für den Toblerone Porsche. Am 15. Juni 1974 startete die Truppe im Chenevière, Zbinden und Michel Dubois im beige roten RSR von Platz 32. Vom Start weg dominierten die Matras vorn weg. Dahinter entbrannte ein Kampf in der Gruppe 4 zwischen Porsche und Ferrari. Der Toblerone Porsche 911 Carrera RSR 3.0 gehörte zwar nicht zu den schnellsten Autos, kämpfte sich jedoch immer weiter nach vorn. Nach 24 Stunden und 4.261 km hatte das Auto vom Porsche Club Romand den Klassensieg erreicht! Der dritte Platz in der GT Kategorie und der siebte insgesamt bedeutete, dass nur ein Porsche vor #9058 stand: Der Martini Racing Turbo RSR von Gijs van Lennep und Herbert Müller auf Gesamtrang 2. Die 313 Runden meisterte der Toblerone Porsche mit durchschnittlich 177,539 km/h.

Gegen die Konkurrenz von Gelo Racing und Kremer war Chenevière machtlos

Le Mans war zweifelsfrei ein riesiger Erfolg für die Schweizer Mannschaft. Beim 1000 km Rennen am Österreichring zwei Wochen später zeichnete sich aber bereits ab, wie der Rest der Saison verlaufen würde. Kremer und Gelo waren einfach zu stark. Sie machten die Podestplätze der verbleibenden Saisonrennen unter sich aus. Für den Porsche Club Romand blieben nur Plätze im hinteren Mittelfeld in Brands Hatch und Zeltweg, sowie ein Ausfall in Le Castellet. So trennten sich zum Saisonende die Wege von Chenevière und dem Toblerone Porsche.

Im Februar 1975 wurde der 911 Carrera RSR 3.0 Nummer 9058 an den jungen Schweizer Fahrer William Vollery verkauft. Vollery lackierte das Auto gelb um und nahm in den nächsten Jahren an einigen europäischen Rennveranstaltungen teil. Besondere Aufmerksamkeit erhielt der ex-Toblerone Porsche durch einen Sticker auf der Windschutzscheibe beim Einsatz in Le Mans 1975. Vollery hatte zur Akquise von Sponsoren „Sponsor help me“ auf die Scheibe geschrieben. Von Erfolg war die Aktion leider genauso wenig gekrönt, wie der Le Mans Einsatz. Vollery schied mit technischem Defekt aus.

Mit Einführung des Porsche 934 war der 911 Carrera RSR 3.0 nicht mehr konkurrenzfähig

1977 brachte Porsche mit dem 934 einen neuen Gruppe 4 Rennwagen an die Strecken. Mit seinem 3,0 Liter Turbomotor war er seinem Vorgänger weit überlegen. Der RSR hatte in der Sportwagenweltmeisterschaft damit ausgedient. Guido Haberthur kaufte den ehemaligen Toblerone Porsche, den er selbst 1974 erwarb, zurück. Er baute ihn in ein moderneres Auto mit Turbomotor um und schrieb sich erneut für Le Mans ein. Offiziell wurde er als Porsche 934 eingeschrieben, diesmal in weiß mit Danone als Hauptsponsor. Nach zehn Stunden musste das Fahrertrio Baturone, Tarradas und Fernandez Garcia aufgeben. Trotzdem hatte der Schweizer Rally Champion André Savary ein Auge auf den Porsche geworfen. So begann der Toblerone Porsche ein zweites Leben abseits befestigter Straßen…

Savary ließ die Karosserie zunächst unangetastet. Aber den Turbomotor ersetzte er wieder durch einen 3,0 Liter Saugmotor. Kurioserweise begann er, seine Initialien in Motor- und Getriebeteile einzustanzen. Der Grund dafür ist simpel: Guido Haberthur, der sich weiterhin um dem Porsche kümmerte, war bekannt dafür, Teile zwischen seinen Autos hin- und herzutauschen. Der frisch gebackene Eigentümer wollte allerdings seine eigenen Teile in seinem Auto wissen. Noch heute sind auf einigen Teilen am legendären Toblerone Porsche die Initialien A.S. eingestanzt.

Der Toblerone Porsche überlebte einen Abflug bei etwa 170 km/h

Von 1977 bis 1979 war Savary regelmäßiger Teilnehmer bei der Schweizer Rally Meisterschaft im Toblerone RSR. Gewertet wurde er fortan als Porsche 911 SC. Die Resultate waren dabei eher gemischt. Bei seiner ersten Rally erreichte er zwar sofort eine Bestzeit in der ersten Sonderprüfung von Sonzier nach Les Avants über den Montreaux, fiel danach aber mit Motorproblemen aus. Bei der Jura Rally erlitt der Porsche 911 Carrera RSR 3.0 allerdings einen schweren Abflug. Mit über 170 km/h kam er von der Strecke ab – zum Glück ohne Personenschaden und ohne allzu große Beschädigungen am Auto.

André Savary zeigte in der ersten Sonderprüfung von Sonzier nach Les Avants über den Montreaux, wer der Mann ist, den es zu schlagen gilt. Aber Savarys Führung hielt nur bis zur dritten Etappe. Eine Passage durch einen wunderbar gepflegten Bauernhof kostete ihn etwa eine Minute. Kurz darauf gab sein Motor den Geist auf.

Motorsport Aktuell über die Rally Neiges 1977

Abermals wurde RSR #9058 repariert. Diesmal ohne die großen Spoiler und breiten Kotflügel des RSR. Der vormalige Gruppe 4 Le Mans Renner hätte auch mit einem 911 Turbo verwechselt werden können. Nur sechs Wochen nach dem Crash war Savary beim prestigeträchtigen Criterium Neuchatel am Start. Während Claude Haldi 1979 die Schweizer Rally Meisterschaft auf Porsche 911 Turbo gewann, sicherte sich Savary 1979 und 1980 den zweiten Platz.

1980 ging der Porsche 911 Carrera RSR 3.0 an seinen sechsten Besitzer

Der in der Schweiz lebende, 22-jährige Niederländer Tycho van Dijk erwarb den RSR 1980. Mit ihm bestritt er abermals einige Rallies in den nächsten Jahren. So nahm er unter anderem an der zermürbenden Rally Corsika 1983 teil. Er schied jedoch, wie 121 weitere der 178 Starter aus. Nach insgesamt neun Jahren aktiver Rennkarriere ging der Toblerone Porsche jedoch in Rente. Seinen Ruhestand trat er im Genfer Automobilmuseum an. Doch die beeindruckende Renngeschichte von #9058 war noch nicht vorbei! Ende der 1990er Jahre entdeckte der Genfer Industrielle Peter F. Baumberger den RSR und erwarb ihn. Er entschied sich, das Auto zu restaurieren. Anschließend wanderte das Auto an den Präsidenten des Porsche Clubs Frankreich, Philippe Aunay.

2008 fand der Porsche 911 Carrera RSR 3.0 seinen Platz in der Sammlung Stephan Meyers‘ in Belgien. Meyers war begeistert von der Historie des Fahrzeugs. Mit dem deutschen Historiker Ulrich E. Trispel machte er sich an die genaue Rekonstruktion der Fahrzeuggeschichte. Die zwei Männer tauchten tief in die Motorsportarchive Chenevières und vieler weiterer ein, um die Dokumente zusammenzutragen. Sowohl Auslieferungsbelege, original Kaufrechnungen, Sponsorverträge und Ausgaben der 1974er Saison, weitere Kaufverträge, zum Beispiel an Vollery und einige FIA Dokumente wurden zusammengetragen. Anhand der ACO Berichte vom offiziellen Wiegen vor der 1974er Le Mans Ausgabe konnte auch die Teilnahme genau dieses Fahrzeugs an der Sarthe verifiziert werden. Die bewegte Geschichte von Nummer 9058, startend als Toblerone Porsche, wurde somit detailgenau aufgearbeitet.

Seit 2011 startet der Toblerone Porsche wieder bei Rennveranstaltungen

Während Meyers und Trispel die Geschichte aufarbeiteten, wurde das Auto in der Schweiz restauriert. Marc de Siebenthal baute den Toblerone RSR wieder in seinem Ursprungszustand von Le Mans 1974 auf. Dabei bekam der Wagen auch wieder seine legendäre Lackierung in creme und rot mit Toblerone Lettern. Somit war #9058 wieder bereit für historische Rennveranstaltungen.

2011 wurde der RSR an seinen aktuellen Eigentümer, einen Schweizer Amateur Rennfahrer, verkauft. Seitdem wurde das Auto wieder erfolgreich in prestigeträchtigen historischen Rennveranstaltungen quer durch Europa eingesetzt. Bei der Classic Endurance in Spa gehörte der Toblerone Porsche genauso zum Inventar, wie beim Le Mans Classic oder der Tour Auto. Dieses Auto ist vermutlich eines der berühmtesten Rennfahrzeuge der Schweiz. Die beeindruckende Geschichte des Toblerone Porsche setzt sich nun wieder auf den geschichtsträchtigen Strecken fort, auf denen sie einst begann: Le Mans, Spa, Monza… Nun sucht der Wagen wieder einen neuen Fahrer für weitere Abenteuer. Unsere Partner von Historic Cars aus Paris bieten den Toblerone Porsche zum Verkauf an.

© Titelbild: Porsche AG

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