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Tibor Simai – Vom BMX in den Porsche 911 GT3

17.04.2023 Von Richard Lindhorst
Tibor Simai – Vom BMX in den Porsche 911 GT3

Einer der schönsten Teile unseres Jobs bei Elferspot ist es, immer wieder mit anderen Enthusiasten ins Gespräch zu kommen und ihre Geschichten zu hören. Besonders der Teil, in dem wir über den Ursprung unserer Leidenschaft für Porsche Sportwagen sprechen, bereitet mir da immer wieder Gänsehaut. So ging es mir auch bei der Geschichte von Tibor Simai. Mit dem zweifachen deutschen BMX-Meister hatte ich mich auf einen etwa einstündigen Plausch über seine Porsche-Story verabredet.

Ich darf verraten: Am Ende wurde es deutlich länger als geplant. Tibor Simai ist Perfektionist und seit seiner Kindheit mit dem Porsche-Virus infiziert. Wieso der Zweiradfreak heute am liebsten Auto fährt, ein großer Advokat für Spielplätze ist und warum er mal Red Bull als persönlichen Sponsor ausgeschlagen hat, erfahrt ihr unserer neuesten User-Story mit Tibor Simai.

© Nathan Hughes

Herzlich willkommen Tibor Simai! Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, deine Story mit uns zu teilen. Wo fing alles an?

Grüß dich, Richard! Ich wurde am 23.02.1972 in München geboren, bin Vater zweier Kinder und lebe mit ihnen und meiner Frau auf dem Land in Niederbayern. Für meine ersten Porsche-Erfahrungen muss ich etwas ausholen. Ich habe ungarische Wurzeln – mein Vater ist 1956 nach dem Volksaufstand von dort geflohen. In Köln studierte er Sport und zog dann nach München. Hier verdiente sich zunächst als Tennis- und Skilehrer sein Geld. Von einem seiner Schüler, dem Rechtsanwalt Burkhard, kaufte er damals einen Porsche 911, ein G-Modell. Das erste Auto, an das ich mich erinnern kann.

Später eröffnete er mit meiner Mutter ein Sportgeschäft und wir wohnten in der Wohnung darüber. Meine Mutter ist leider schon sehr früh verstorben, sodass mein Vater mit mir auf sich allein gestellt war. Natürlich blieben auch viele Schulden, da die beiden Kredite für das Sportgeschäft aufnehmen mussten. Daher war Geld immer knapp. Doch Anfang bis Mitte der 70er gab es viele Wege, noch etwas nebenbei zu verdienen. Der Porsche 911 wurde deshalb kurzerhand zum Schmugglerfahrzeug umfunktioniert.

Ein Porsche 911 G-Modell als Schmugglerfahrzeug? Wie muss ich mir das vorstellen?

Ich muss so vier bis sechs Jahre alt gewesen sein. Da ist mein Vater regelmäßig mit mir nach Ungarn gefahren. Ich kann mich noch lebhaft an die surrealen Bilder erinnern. Wir fuhren in dem metallicblauen Porsche 911 in eine Region, in der teilweise noch Einschusslöcher in den Häusern waren! Es war alles staubig und überall fuhren die Zweitakter umher. Ich fühlte mich, wie in einer anderen Welt.

Der Grund, weshalb wir rüberfuhren, waren die Flohmärkte. Um noch etwas Geld nebenher zu verdienen, versuchte mein Vater sich als Kunst- und Antiquitätenhändler. In Ungarn ließen sich damals einige Schnäppchen machen. Allerdings gab es noch riesige Grenzkontrollen. Es war keine Seltenheit, dass man dort das halbe Auto zerlegen musste, bevor die Beamten dich fahren ließen.

Nach unseren Einkäufen lag ich dann als kleiner Bub mit einigen Tausend Forint Bargeld und zusammengerollten Gemälden auf der Rückbank. Ich musste mich immer schlafend stellen, damit die Beamten uns nicht genauer kontrollierten. Das waren meine ersten Erfahrungen mit einem Porsche. Und mein Gott, war ich stolz auf meinen Vater.

Wie haben dich diese Eindrücke beeinflusst? Ein Porsche 911 G-Modell als Lastenesel für Kunstwerke ist ja alles andere als alltäglich…

Als Kind gab es für mich kein tolleres Auto auf der Welt! Weißt du, die Form hat mich von Anfang an beeindruckt. Auch die Werbungen dieser Zeit waren großartig. Das hat mich sofort erwischt und seitdem nie wieder losgelassen. Als Kind habe ich nicht von einem Mitsubishi geträumt. Für mich war immer klar, dass es irgendwann ein Porsche sein musste! Von jedem Porsche geht eine besondere Faszination aus. In jeder Baureihe gibt es mindestens ein Modell, das mich komplett abholt.

Als Kind habe ich nicht von einem Mitsubishi geträumt. Für mich war immer klar, dass es irgendwann ein Porsche sein musste!

Tibor Simai

Dann kamen erstmal die Fahrräder. Ich fuhr als Teenager BMX und war eigentlich immer damit in der Stadt unterwegs. Der Münchner Olympiapark war mein Revier. 1987 holte ich bei meiner ersten Deutschen Meisterschaft direkt den zweiten Platz. Daraus wurde später wirklich eine Karriere und ich durfte sogar bei Europameisterschaften teilnehmen. Zwar hatte ich nie viel Geld, aber immer Sponsoren, die mich mit Klamotten, Bikes und Teilen versorgten. Einen Fehler habe ich damals aber schon begangen. Ich habe ein Angebot von Red Bull abgelehnt, unter anderem weil ich mir dachte, das Logo sieht schei… auf dem Helm aus. (lacht)

Woran hing dein Herz? Am Ende hast du dich ja schließlich für einen Weg im Radsport entschieden.

Die Fahrräder waren für mich immer Business, aber alles mit Verbrennungsmotor meine Leidenschaft. Mein Nachbar aus Kindheitstagen hatte sicher auch seinen Einfluss. Er fuhr Anfang der 90er Jahre DTM, später auch Carrera Cup im Porsche 996 GT3 Cup. Ich war generell von der Technik fasziniert, habe viel Zeit in der Werkstatt verbracht. Ich wollte wissen, wie ein Motor funktioniert. Auch das Design und der Geruch dieser „alten Kisten“ haben einfach Charme. Deshalb suchte ich quasi mit Aufkommen des Internets ab den frühen 2000ern immer nach einem Porsche.

Porsche 964 Jubiläumsmodell Werbung
Tibor Simais Traumauto ist das Porsche 964 Jubiläumsmodell „30 Jahre 911“. Dieses Werbeplakat hängt noch heute in seinem Büro. © Porsche Museum

Denn ich wollte unbedingt irgendwann einen eigenen Porsche 911 besitzen. Der erste, in den ich mich wirklich so richtig verliebt hatte, war der Porsche 964 „30 Jahre 911“. Das war komplett mein Auto. Als ich irgendwann genug gespart hatte, suchte ich auch einen. Doch trotz wirklich intensiver Suche war einfach nichts zu finden, was mir wirklich gefiel. Selbst eine Empfehlung über das Jubiforum war am Ende ernüchternd und hat nicht zum Kauf geführt.

Stattdessen bist du bei einem Porsche 911.2 GT3 gelandet – einem völlig anderen Auto. Woher kam der Sinneswandel?

Das lag zum Einen an meinem Perfektionismus. Wenn ich schon so viel Geld für ein Auto ausgebe, dann muss es auch von vorn bis hinten passen. Das war aber bei keinem der Modelle der Fall. Auf der anderen Seite kenne ich mich mit Klassikern im Motorradbereich sehr gut aus. Und deshalb wusste ich: Wenn du einen Klassiker kaufst, ihn aber zu wenig fährst, geht immer wieder was daran kaputt. Alte Sachen musst du pflegen. Dann musst du wieder Arbeit reinstecken und hast noch weniger Zeit zum Fahren – ein Teufelskreis. Ich möchte aber in erster Linie das Auto genießen und meinen Spaß haben. Daher habe ich mich vom Traum eines Jubi zunächst verabschiedet.

Deshalb war meine nächste Idee ein Porsche 997 Carrera GTS. Während dieser Suche lernte ich meinen heute guten Freund Michael Seller kennen. Wie sich herausstellte kannte er quasi alle meine Weggefährten aus dem Fahrradbereich. Er schlug mir einen GTS vor, aber der war auch nicht das Richtige für mich. Danach war es eine Zeit lang ruhig. Nach einer kurzen Episode mit einem Mini Cooper Cabrio, den selbst mein Hund nicht leiden konnte, wurde es aber wieder akut.

Was war die Initialzündung, nach einem GT3 zu suchen?

Ende 2017 ging es mir persönlich nicht gut. Ich war leer und wollte ich aus dem Fahrradbereich verabschieden. Zeitweise wollte ich nicht mal mehr über Fahrräder reden! Zum 31.12.2017 kündigte ich alle meine bestehenden Verträge und war dann ab Jahresbeginn 2018 arbeitsloser Selbstständiger. Das war vermutlich nicht die klügste Entscheidung… Doch meine Partner wollten mich nicht gehen lassen und ich wurde dann Markenbotschafter im Motorradbereich. Diese Leidenschaft hat mir aus der schweren Zeit herausgeholfen.

Durch einen Freund hatte ich dann die Gelegenheit, bei einem ganz besonderen zweitägigen Trip mitzufahren. Sein Schwiegervater hat eine Autosammlung und ich durfte während der Tour eines seiner Autos fahren. Wir fuhren mit einem schmalen 2,7 Liter G-Modell, einem orangen 997 GT3 RS, einem GT2 RS in weiß mit Martini-Stickern und einem silbernen 993 Turbo durch die Dolomiten. Danach war es komplett um mich geschehen. Ich musste einen GT3 haben! Hier kam wieder mein Freund Michael ins Spiel und ich gab ihm meine Wünsche durch: Porsche 991.2 GT3 mit Schaltgetriebe, Spydersitzen und Clubsportpaket.

Keine leichte Aufgabenstellung!

Stimmt. Die ersten drei, vier Autos, die er mir anbieten konnte, passten nicht zu 100 Prozent und ich habe abgelehnt. Dann kam irgendwann ein sehr teurer Anruf. Vom anderen Ende der Leitung hörte ich: „Tibor, ich habe jetzt DAS Auto für dich. Aber den musst du kaufen!“ – Ich sagte am Telefon direkt zu. Er fragte mich nochmal, ob ich mir dieses Auto wirklich leisten wollte. Schließlich zahlst du auch in den vielen Monaten dafür, in denen du es gar nicht fahren kannst oder möchtest. Doch er konnte mich nicht mehr umstimmen. Nach 27 Jahren eisernen Sparens und der nötigen Portion Glück stand ich jetzt im Wort für meinen ersten eigenen Porsche 911.

Als ersten eigenen Elfer direkt einen 911 GT3 kaufen – Wahnsinn! Wie hast du dich bei der Abholung und den ersten Fahrten gefühlt?

Ich habe geweint! Ich war so emotional, das glaubst du nicht. Endlich hatte ich die Chance, das Kennzeichen M-GO 911 an meinem eigenen 911 zu sehen. Ein Freund hatte es über Jahre an seinem Turbo. Als er den verkaufte, fragte er mich, ob ich es haben wollte. Ich habe es über Jahre an einer alten Yamaha angemeldet, die nicht mal mehr fahrfertig war. Und dann bauen die Jungs bei der Abholung das Ding auch noch schief an! Das hat mich völlig fertig gemacht. Ich wäre fast zusammengebrochen!

Anfangs war ich emotional gar nicht dazu in der Lage das Auto wirklich auszukosten. Ich bin mit Herzrasen ein- und ausgestiegen. Die erste Fahrt zu einem Videodreh in der Schweiz bin ich so vorsichtig gefahren, dass ich mit einer Tankfüllung 863 Kilometer geschafft habe! Die ersten drei Jahre habe ich das Auto nur mit Samthandschuhen angefasst. Mittlerweile bin ich da aber auch etwas gelassener und nutze meinen GT3 so richtig.

Wie genau tobt sich Tibor Simai denn in einem Porsche 991 GT3 dann aus? Was ist dein Traumszenario?

Am liebsten mag ich es, das Auto im Grenzbereich zu bewegen. Dieses Auto im Drift um die Ecken zu schmeißen, ist das absolut Höchste der Gefühle. Das geht natürlich nicht im Straßenverkehr, sondern nur auf abgesperrter Piste, auf Spielplätzen für Erwachsene. Und ich bin der Meinung, wir brauchen generell viel mehr davon. Für Kinder, wie auch für Erwachsene. Denn je mehr ich die Möglichkeit habe, meine Leidenschaft auszuleben, desto gelassener bin ich auch.

Auf Spielplätzen können wir uns entfalten und neue Dinge ausprobieren. Wir können aus dem ernsten Alltag ausbrechen und herzhaft Lachen. Der Mensch muss seine Leidenschaft ausleben können! Wenn ich mir eine Sache für die zukünftigen Generationen wünschen dürfte, dann wären das mehr Spielplätze. Damit meine ich alles vom Abenteuerspielplatz für die Kleinsten über BMX-Bahnen und Autoparcours bis hin zu Rennstrecken.

Tibor Simai

Diese Erfahrungen scheinen dich ja noch mehr für die Marke begeistert zu haben. Was genau kommt als nächstes?

Da hast du Recht… Weißt du, Porsche fahren ist wie drogenabhängig zu sein. Du bist immer auf der Suche nach dem nächsten „Schuss“. Selbst meine Frau Dana war schockverliebt, als sie das erste Mal die Beschleunigung voll ausgekostet hat. Der 991 GT3 ist ein absolutes Traumauto. Aber dann durfte ich einmal den aktuellen Porsche 992 GT3 eines guten Freundes bewegen. Allein von der Doppelquerlenker-Vorderachse war ich so angefixt, dass ich jetzt einen mintgrünen 992 GT3 gekauft habe, weil das Gefühl des „Haben-Wollens“ einfach nicht wegging.

Porsche fahren ist wie drogenabhängig zu sein!

Tibor Simai

Ein weiterer Traum wäre für mich noch der erste Porsche 911 GT3. Ich war damals großer Fan der Porsche 911 GT1-Rennwagen, die in Le Mans an den Start gingen. Dass er die geichen Scheinwerfer hatte wie der 996, hat mich absolut geflasht. Die sind einfach geil und es ist der eigenständigste Elfer überhaupt. Das wäre noch so ein Auto, das ich irgendwann gern hätte.

Tibor, es war mir eine Freude. Vielen Dank für deine Zeit und alles Gute mit dem Neuen!

Ihr findet Tibor auf Instagram unter @gtibor3 oder @tiborsimai!

Tibor Simai Porsche 911 GT3
© Nathan Hughes

Über den Autor

Richard Lindhorst ist Elferspots Chefredakteur und lebt in Norddeutschland. Sein Leben dreht sich nahezu 24/7 um Autos und Motorräder. Du hast einen Tipp für eine Story oder möchtest einfach mit ihm in Kontakt kommen? Du findest ihn auf Instagram unter @rchrdlndhrst.

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