Tatort: Genf, 1995, Automobilsalon. Porsche stellte ein Ungeheuer von einem Auto vor – Den Porsche 993 GT2. Noch nie trug ein Porsche dieses Kürzel. Er sah nicht nur extrem aus, sondern war auch extrem teuer. Knapp 270.000 DM waren fällig. Was also macht den Porsche 993 GT2 so besonders, dass mittlerweile sogar fast das zehnfache aufgerufen wird? Herzlich willkommen zur Geschichte des heiligen Grals der luftgekühlten Turboporsches!
Eigentlich kaum zu glauben, aber in einer der wirtschaftlich schwierigsten Phasen der Firmengeschichte baute Porsche allen Ernstes ein Homologationsmodell. Und das sah man ihm an! Die Kotflügel wurden weit ausgeschnitten und Kunststoffverbreiterungen angeschraubt. Der riesige Heckflügel hatte sogar Lufteinlässe, um das zwangsbeatmete Triebwerk mit Frischluft zu versorgen.
Doch auch unter dem Blechkleid hatte sich was getan. Porsches 993 GT2 war weit mehr als nur Show. Der Motor war zwar bis auf Kleinigkeiten wie die Steuerungseinheit identisch mit dem 993 Turbo, doch der Porsche 993 GT2 hatte keinen Allradantrieb. Die Hinterräder müssen also ganz allein einen ständigen Kampf mit 430 Pferdchen und 540 Nm an der Grenze zwischen Haft- und Gleitreibung ausfechten. Ohne Traktionskontrolle versteht sich…
Wer sich auch nur ein Fünkchen für Porsche interessiert, der weiß, dass es nicht mit mehr Leistung getan war. Der Porsche 993 GT2 erhielt extrem leichte Speedline Felgen, die sogar zum Teil aus Magnesium gefertigt waren. Außerdem wurden dünnere Scheiben vom Carrera RS verwandt und die Rückbank musste genauso weichen wie die elektrischen Fensterheber und die elektrische Spiegelverstellung.
Dass all diese Maßnahmen auch Früchte trugen, zeigte sich auf der Waage: 1.295 Kilogramm. Über 200 Kilo weniger als der Turbo. Somit ist der Porsche 993 GT2 der leichteste, stärkste und auch schnellste 993 überhaupt. Kein anderer luftgekühlter Porsche kann auch nur annähernd mit seinen von der Fachpresse gemessenen 3,9 Sekunden von 0-100 km/h und 296 km/h Spitze mithalten.
Um die Übersetzung des Porsche 993 GT2 für eine höhere Endgeschwindigkeit anzupassen, bediente Porsche sich eines einfachen Tricks: Es wurde weder das Getriebe, noch das Differenzial getauscht, sondern es wurden Reifen mit größerem Abrollumfang verbaut. So konnten die damals klammen Zuffenhausener viel Entwicklungsarbeit einsparen.
Übrigens gab es den GT2 auch schon mit optionalem Clubsportpaket. Es beinhaltete einen Überrollkäfig, einen Batteriehauptschalter, angepasste Sitzschalen mit Sechspunktegurten, einen Feuerlöscher und ein Zweimassenschwungrad. Naturgemäß wurden viele GT2 im Renneinsatz hart rangenommen. Deshalb ist es schwierig, heute noch ein unfallfreies Exemplar zu ergattern. Die Preise erreichen dabei mühelos siebenstellige Beträge.
Kein Wunder, gab es insgesamt doch nicht einmal 200 Fahrzeuge. Von 1995 bis 1997 waren es 172 Stück. Noch begehrter und sogar nochmal deutlich teurer sind die 21 im Jahre 1998 gebauten Porsche 911 GT2. In dieser letzten Ausbaustufe leistete der aus dem 993 Turbo S übernommene M64/60S satte 450 PS und 585 Nm Drehmoment. Erreicht durch größere KKK-Turbolader und mehr Ladedruck. Die Höchstgeschwindigkeit durchbrach die Schallmauer von 300 km/h. Kostenpunkt: 287.500 DM.
Naturgemäß sind Porsche 993 GT2 extrem selten am Markt. Das hier gezeigte, Exemplar wurde am 25. März 2020 bei der Online Auktion von RM Sotheby’s versteigert. Außen in unaufgeregtem, fast schon unschuldigem Arktissilber, der Innenraum mit schwarzem und grauem Leder ausstaffiert. Er wurde ab Werk auf besonderen Kundenwunsch mit Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern, und einer Grünkeilfrontscheibe ausgestattet. Vor ein paar Jahren wurde das Fahrzeug aus Japan in die Vereinigten Staaten importiert.
Wie die meisten GT2 hat auch dieses Exemplar eine sehr geringe Laufleistung. Nur 30.113 Kilometer ist er bislang gelaufen. Die superleichten Schalensitze mit den grauen Sitzbahnen halten die Passagiere auch bei ambitionierter Kurvenjagd fest im Sitz. Im Gegensatz zu den vielen modifizierten Porsche 993 GT2 ist dieser hier ein absolut serienmäßiges Exemplar.
Eine Steinschlagschutzfolie auf der Front konserviert den hervorragenden Allgemeinzustand, des 100%-igen Erstlacks. Es handelt sich also um ein hervorragend gepflegtes Exemplar des extremsten, teuersten, schnellsten und somit ultimativen luftgekühlten Porsche 911. Der heilige Gral, sozusagen.
Bilder: Jeremy Cliff
Elferspot Magazin