Porsches Modellpalette der 80er Jahre war schon ein wenig verwirrend. Es gab den 911, der eigentlich durch den gleichzeitig angebotenen 928 abgelöst werden sollte. Es gab den 924 als Einstiegsmodell und den 944 als Zwischenschritt zum 928. Komplettiert wird das Chaos von Turbo- und S-Modellen. So war der 924 Turbo z.B. das schnellere Auto als der 944, der wiederum in seiner Turboversion in Leistungssphären des 911 vorstieß. Die Verwirrung perfekt macht der Porsche 924 S. Ihm fällt gewissermaßen eine Zwitterrolle zu. Warum er aber heutzutage zu den Perlen der Transaxle Porsches zählt, verraten wir euch in dieser Elferspot Kaufberatung!
Bevor es ans Eingemachte geht, muss ein bisschen Modellgeschichte sein. Ursprünglich als Entwicklungsauftrag Nr. 425 (EA 425) für Volkswagen entwickelt, ging der Porsche 924 bereits 1975 an den Markt. Trotz anfänglicher Unkenrufe – unter anderem Hausfrauen- oder Maurerporsche – wurde der 924 ein echter kommerzieller Erfolg. Mit weit über 100.000 verkauften Modellen traf er einen Nerv. Das Design des 2+2 sitzigen Coupés mit Vierzylinder Frontmotor und Getriebe im Heck stammt aus der Feder von niemand geringerem als Harm Lagaay.
1985 stand eine umfangreiche Überarbeitung des 924 an. Der 2,0 Liter Vierzylinder, abgeleitet aus dem VW LT/Audi 100 Triebwerk, hatte ausgedient. Ersatz fand Porsche im eigenen Haus: Der M44.07 aus dem Porsche 944 wurde kurzerhand in die schmale 924er Karosse transplantiert. Der bärige 150 PS 2,5 Liter Vieryzlindermotor hatte wenig Mühe mit den 1.190 kg Leergewicht und bescherte drastisch verbesserte Fahrleistungen für den Einsteigerporsche. Doch es blieb nicht nur beim Motor. Auch die Bremsen und eine Vielzahl an Fahrwerkskomponenten fanden den Weg aus dem breiteren 944 in die letzte Ausbaustufe des 924. 1988 wurde abermals der Motor bearbeitet. Unter anderem eine erhöhte Verdichtung förderte 160 PS zu Tage. Der letzte 24er war erhältlich mit und ohne Targadach. Es gab ihn mit einer 3-Gang Automatik und als 5-Gang Handschalter.
Zu sagen, der Porsche 924 S fristete lange Zeit ein Schattendasein, wäre maßlos untertrieben. Er geriet im neuen Jahrtausend fast in Vergessenheit. Unbedarfte hielten den 924 S immer noch für den Porsche mit dem Audimotor. Übrigens ist das Triebwerk im 924 ohne S ein echtes VW-Triebwerk, dessen Entwicklung sogar auf Daimler-Benz zurückgeht! Entsprechend gering fiel die Nachfrage aus. So ist es nicht verwunderlich, dass die Gebrauchtpreise ins Bodenlose fielen. Gute Exemplare waren vor zehn bis fünfzehn Jahren für 3.000 Euro zu kriegen!
Wie auch beim Porsche 964 bedeutete das aber, dass die Käuferschicht sich den Unterhalt oft nicht leisten konnte. Deshalb sind von den 16.282 produzierten Modellen gefühlt nicht mehr viele übrig geblieben. Die Autos als solches sind zwar zäh, aber erfordern kundige Hand. Nicht jede freie Werkstatt bekommt die L-Jetronic in den Griff. Der simple Grundaufbau lädt grundsätzlich zwar zum Selberschrauben ein. Eine gute Leerlauf- und CO-Einstellung braucht beispielsweise jedoch schlicht Erfahrung.
Missglückte Do-it-yourself Aktionen sind beim Porsche 924 S gern Grund für Kummer. Die Karosseriefalze sind zum Beispiel oft durch unsachgemäßen Wagenhebereinsatz malträtiert.
Durch unsachgemäßen Wagenhebereinsatz leiden nicht nur die Falze selbst, sondern auch die Spaltmaße. Wird beispielsweise an der falschen Stelle angesetzt, kann sich die Wölbung des vorderen Kotflügels ändern. Das wirkt sich natürlich auf die Spaltmaße am Übergang zu Tür und Haube aus. Auch der Einsatz falscher Gasdruckfedern an der Heckklappe kann sich schnell rächen. Sind sie zu stark, verzieht sich der Scheibenrahmen. Daher haben viele 924er mit nassen Kofferräumen zu kämpfen.
Ähnliche Probleme betreffen die Heckleuchten und die im Alter schrumpfende karosserieseitige Gummidichtung am Kofferraum. Dazu gesellen sich noch oft verstopfte Regenwasserabläufe im Motorraum. Dadurch sammelt sich Wasser und schwappt über die Lüftungskanäle in den Fußraum. All das kann zu Rost führen und ist durchaus als Indiz für zu wenig Liebe und Wartung zu werten. Deshalb vorn Teppiche anfassen und im Kofferraum ruhig hochnehmen.
So oder so rostempfindlich sind die Benzintanks. Daher bei der Probefahrt volltanken, etwas Kurvenfahren und dann abstellen. Tropft es nach, wird es teuer. Es gibt die Möglichkeit, den Kunststofftank der späten 944 Modelle zu verbauen. Ein solches Vorhaben ist aber alles andere als Plug & Play. Bei jeder Transaxlebesichtigung sollte außerdem ein Blick hinter die Kunststoffabdeckung im Türrahmen geworfen werden. Hier findet sich auch gern braune Pest.
Die Fahrwerke sind relativ robust und toll ausbalanciert. Domlager und Stoßdämpfer sind gern verschlissen, kosten aber keine Unsummen und sind ziemlich simpel zu tauschen. Mehr Grund zur Arbeit gibt es am Antriebsstrang: Undichte Kurbelwellendichtringe und Einspritzventile sind genauso oft an der Tagesordnung wie ein unrunder Leerlauf und verschlissene Kontaktflächen der Luftmengenmesser. Nicht zu vergessen die oft altersbedingt verschlissenen Gummipuks an der Kupplung und die kostenintensiven Zahnriemenwechsel. Die Lagerung des Schaltgestänges ist verschleißanfällig und führt schnell zu unpräzisen Schaltvorgängen.
Verschleißteile kosten beim Porsche 924 S grundsätzlich nicht die Welt. Ein ordentlicher Satz Markenreifen kostet unter 300 Euro. Bremsscheiben und Beläge rundum ebenso. Daher eignet sich der zudem sparsame Transaxle (ca. 10 Liter auf 100 km) besonders für junge Porsche Einsteiger. Aber Wartungsstau wird schnell teuer. Ein Satz Einspritzventile schlägt mit 200 Euro ins Kontor, Zündung mit Verteiler, Kappe, Kabeln und Kerzen erneuern macht auch einige Hunderter. Nur Materialpreise, versteht sich. Für den Zahnriemenwechsel inkl. Wasserpumpe in der freien Werkstatt sollte man grob 1.500 Euro aufwärts einkalkulieren.
Auch der Innenraum ist nicht frei von Tadel. Die Sitzposition ist bis Modelljahr 1987 für große Fahrer mit Originallenkrad nicht optimal. Abhilfe schafft das kleinere 4-Speichenlenkrad aus dem 944. Das wurde im letzten Modelljahr auch ab Werk verbaut. Die Armaturenbretter reißen durch UV Strahlung sehr oft, die Teppiche an der Mittelkonsole lösen sich ab und die Sitzbezüge reißen auf den Sitzbahnen gern. Genauso wie der Schaltsack sind diese Teile zwar (mit Ausnahme der Armaturentafel) noch verfügbar, aber die Preise empfindlich hoch. Sitzbezüge gab es zum Beispiel vor zehn Jahren für 300 Euro das Stück. Heute wird man pro Sitz in Originalstoff mit Arbeit eher in Richtung 1.000 Euro ausgeben müssen. Allerdings gibt es auch einige VW-Gleichteile, wie zum Beispiel Fensterkurbeln, Lüftungssteuerung und Pedalauflagen, die günstig beschafft werden können.
Eines der größten Probleme bei den „kleinen“ Transaxle ergibt sich durch die Tachos. Deren Kilometerstand hat nur fünf Stellen. Und leicht zu tauschen, bzw. abzuklemmen ist er ebenfalls. Dass die Tachowellen selbst auch gern mal reißen, macht es nicht besser. So wird die Suche nach einem ehrlichen 924 fast zum Glücksspiel. Gibt es nur die kleinste Ungereimtheit, ist äußerste Vorsicht geboten. Die enorme Standfestigkeit des Motors selbst ist deshalb Fluch und Segen zugleich. 300.000 und mehr Kilometer ohne Revision sind keine Seltenheit. Auch wenn das Getriebe hin und wieder vorher den Geist aufgibt. So können im Laufe der Jahrzehnte also gern mal 100.000 Kilometer „verloren gegangen“ sein.
Was nun nach einer Menge Contra klang, ist gar nicht so gemeint. Wir wollen euch nur ungeschönt die größten Problemzonen der Baureihe aufzeigen. Allerdings darf diese Kaufberatung nicht ohne ein flammendes Plädoyer für den so selten gewordenen Mischtyp aus 924 und 944 enden. Denn der Porsche 924 S ist ein echter Freudenspender. Und das bei uneingeschränkter Alltagstauglichkeit. Mit 8,5/8,2 Sekunden von 0-100 km/h und 215/220 km/h Spitze gehen auch die Fahrleistungen immer noch in Ordnung. Selbst die 924 Turbos und 944 fahren ihm nicht wirklich weg.
Im Schatten des 944 hat er sich gemacht, hat seinen Platz als erstrebenswerter Klassiker im Porsche Kosmos gefunden. Sein Handling ist durch die schmalere Karosse etwas weniger erwachsen als beim großen Bruder. Aber gerade das macht ihn so spielerisch im Umgang. Er nimmt sich selbst nicht zu ernst. Gleichzeitig bietet er durch die große Heckklappe und die umlegbare Rücksitzbank enormen Nutzwert – trotz der recht hohen Ladekante. Und er hat Seltenheitswert. Verglichen mit den über 120.000 Porsche 924 ist er geradezu selten. Und deshalb muss man auch schnell sein. Diese Autos bleiben meist sehr lang bei ihren Besitzern und kommen selten an den Markt. Also zugreifen!
Elferspot Magazin