Vom Rennsport auf die Straße – oft mehr geflügeltes Wort als echte Absicht. Bei Porsche war das anders. Hier war der Rennsport gewissermaßen immer Mittel zum Zweck. So auch in den 1980er Jahren, als Porsche den sogenannten „Flachbau“ im Sonderwunschprogramm aufnahm. Anfangs noch als exklusiven Sonderwunsch, später sogar mit eigenem Ausstattungscode. Doch wie entstand der 911 Flachbau? Wie viele Porsche 911 Flachbau gibt es? Wir nehmen euch mit ins Archiv und gehen auf Spurensuche.
Zunächst mal müssen wir in die ganz wilde Zeit der Sportwagenrennen zurückreisen. 1976, mit Einführung der neuen Gruppe 4, 5 und 6, witterte Porsche die Chance, mit dem 911 die Sportwagenweltmeisterschaft zu gewinnen. Auf Basis des damals neuen Porsche 930 Turbo sollte ein Rennfahrzeug entstehen. Involviert in die Entwicklung war damals ein junger Ingenieur, der auf den Namen Norbert Singer hört. Mit seinem Team knöpfte er sich schnell auch das Thema Aerodynamik vor.
In seinem Buch Porsche Rennsport 1970 – 2004 beschreibt Singer, dass es in den Regularien zur Gruppe 5 ein Schlupfloch gab. Anhang J des Technischen Reglements der FIA für 1976 regelte in Art. 269 b) die möglichen Änderungen an der Karosserie. Die Form der Kotflügel war laut Reglement freigestellt. Singer kam eine Idee – er hatte eine windschlüpfrigere Front mit weniger Stirnfläche im Sinn. Dazu versetzte sein Team die Scheinwerfer des Porsche 935 kurzerhand in die Frontschürze. So konnten flacher auslaufende Kotflügel eingesetzt werden. Geboren war der Flachbau.
Im Rennsport erreichte die flache Front beim 911 schnell Kultstatus. Gerade die privat von Kremer Racing in eingesetzten Porsche 935 wurden zu Publikumslieblingen. Die von Kremer Racing auch für Kunden aufgebauten Porsche 935 K2, 3 und 4 erzielten beachtliche Rennerfolge bis weit in die 80er Jahre hinein. Unvergessen zum Beispiel der Gesamtsieg in Le Mans 1979.
Sportwagenrennen, unter anderem in der Deutschen Rennsportmeisterschaft, waren unheimlich populär. Kein Wunder, dass Porschefahrer auch auf der Straße Rennsportanleihen wollten. Daher wuchs in den 70er und 80er Jahren das Interesse an Tuning und Fahrzeugindividualisierung. Unzählige Fahrzeugveredler tummelten sich am Markt. Seien es RUF, Kremer, Strosek oder bb-Auto.
Und genau diese Firmen haben damals die Zeichen der Zeit erkannt. Bei Rainer Buchmann gab es zum Beispiel schon Ende der 70er Jahre Umbaukits für den 911 auf die Front des 928. Wer das nötige Kleingeld hatte, konnte dann einen 911 Flachbau im Straßenverkehr bewegen. Porsche selbst zog erst in den 80ern nach.
Ab 1980 gab es den Flachbau bei Porsche nur für handverlesene Kunden auf speziellen Einzelwunsch. Als bekanntestes Fahrzeug gilt dabei sicherlich Mansour Ojjehs Porsche 935 Street. Von 1981 an gab es diesen „Karosserieumbau 911 Turbo/ 911 SC Turbolook flache Frontpartie“ offiziell von der Porsche Kundendienstabteilung. Diese insgesamt 58 Fahrzeuge der ersten Generation Porsche 911 Flachbau hatten keine Klappscheinwerfer. Stattdessen waren die Leuchten – wie beim Rennwagen 935- in die Frontschürze integriert. Gebaut wurde die erste Generation bis 1983.
1983 verpasste Porsche dem Elfer mit der flachen Front ein neues Gesicht. Die Scheinwerfer wanderten von der Frontschürze in die Kotflügel. In den Sonderwunschumbauten steckten nun die bekannten Klappscheinwerfer des 924/944. Ab 1985 erhielt der Flachbau den Ausstattungscode SOW 010. Die genaue Bezeichnung lautete „Flachbau mit Klappscheinwerfer und GFK-Bugspoiler mit Mittelölkühler für 911 turbo und alle 911 turbo-look Varianten (M491)“. Allerdings war die Rennsport-Optik kein Schnäppchen. Über 38.000 DM kostete der Umbau damals. Von der zweiten Generation Porsche 911 Flachbau entstanden zwischen 1983 und 1987 204 Exemplare.
In der finalen Ausbaustufe des Porsche 930 Turbo Flachbau änderte sich unter anderem die Bezeichnung des Ausstattungscodes. M505 hießen die Porsche 930 Flachbauten in den USA, M506 im Rest der Welt. Hintergrund für die Unterscheidung: Der im Rest der Welt obligatorische Ölkühler mittig in der Frontschürze war in einigen US-Staaten nicht erlaubt. Deshalb tragen die Porsche 911 Flachbau M505 die Frontschürze des regulären 930 Turbo. Der zusätzliche Ölkühler fand im hinteren rechten Kotflügel Platz.
Die Änderung vom Sonderwunschprogramm hin zum Ausstattungscode hatte einen besonderen Grund. Die dritte Generation 930 Flachbau (1987-1989) war nämlich nicht mehr nur auf speziellen Kundenwunsch bestellbar. Stattdessen tauchten die Optionscodes M505/506 in den regulären Preislisten der Porsche-Händler auf. So ist es auch nicht verwunderlich, dass von der letzten Ausbaustufe des Porsche 930 Flachbau die meisten Exemplare verkauft wurden. Insgesamt wurden 630 Porsche 911 Turbo Flachbau M505 und 56 M506 produziert.
Zwar ist der Flachbau sicherlich nicht uneingeschränkt beliebt, polarisieren bisweilen, aber für echte Motorsportfans zählt er zu den erstrebenswertesten Elfermodellen überhaupt. Die sehr geringe Stückzahl – nur 948 wurden insgesamt produziert – heißt auch: Der Porsche 930 Turbo Flachbau zählt zu den seltensten 911. Da sie außerdem zumeist sehr exklusive Innenausstattungen und Farben trugen, sind sie deshalb für Sammler sehr interessant geworden.
© Titelbild: RSC Automobile
Elferspot Magazin