Wie wir bereits vor kurzem in unserer Top 5 der bezahlbaren Porsche mit über 300 PS festgestellt haben, bietet der Porsche 996 Turbo unvergleichbar gute Leistungsdaten für’s Geld. Nicht nur deshalb ist der Porsche 996 Turbo im Moment eine der heißesten Aktien am Porsche-Gebrauchtwagenmarkt. In unserer heutigen Kaufberatung schauen wir daher auf den ersten wassergekühlten Porsche 911 Turbo.
Schon beim Blick auf das Seitenprofil fallen die charakteristischen Lufteinlässe vor dem hinteren Radhaus und die Auslässe an der Heckschürze auf. Der 1999 vorgestellte und ab 2000 ausgelieferte Porsche 996 Turbo erhielt außerdem überarbeitete Scheinwerfer, die dem Carrera erst zum Facelift zu Teil wurde. Zudem gab es einen festen Heckflügel, dicke Turbobacken, rote Bremssättel, spezielle Hohlspeichenfelgen und eine eigenständige Front mit größeren Lufteinlässen. Ab 2003 war der Porsche 996 Turbo auch als Cabriolet erhältlich.
Im Interieur gab es derweil nicht viel Neues im Vergleich zum 1997 eingeführten Porsche 996 Carrera. Mit Ausnahme der Turbo-Einstiegsleisten blieb der Rest bewährte Kost. Wie bereits in der Porsche 996 Carrera 3.4 Kaufberatung erwähnt, ist im Innenraum unbedingt auf makellosen Zustand zu achten. Defekte Teile sind sehr teuer im Austausch und mitunter schwer zu bekommen. (Stichwort Lautsprecher- und Staufachabdeckungen) Besonders wichtig ist der Zustand der Sportsitze. Diese kosten selbst am Gebrauchtmarkt gut und gern vierstellige Summen. Gleiches gilt für das PCM Navigationsgerät. Davon ab zeigt sich der Turbo, genauso wie die Carrera-Brüder, als recht langlebig – gute Pflege vorausgesetzt.
Der Porsche 996 Turbo ist gewiss kein Krawallbruder und glänzt selbst nach heutigen Maßstäben mit einem dezentem, aber doch kraftvollem Auftritt. Der 911 Turbo der fünften Generation übt sich optisch, wie auch akustisch in Zurückhaltung, wähnt einen fast schon in beruhigender Sicherheit… bis man das erste Mal vom sagenhaften Schub in die schmal geschnittenen Turbositze gedrückt wird.
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Und was wäre eine Porsche 996 Turbo Kaufberatung ohne ein Loblied auf den, aus dem Porsche 911 GT1 Triebwerk abgeleiteten Mezger Motor? Die Sinfonie aus 3,6 Litern Hubraum, zwei Turboladern mit 0,8 bar Ladedruck, zwei Ladeluftkühlern, Allradantrieb und insgesamt sieben(!) Öl-Rückförderpumpen sorgte für fulminante Leistungsdaten: 420 PS bei 6.000 U/min, 560 Nm von 2.700 bis 4.600 U/min, 4,2 Sekunden 0-100 km/h, 305 km/h Höchstgeschwindigkeit – und das trotz 1.540 Kilogramm Leergewicht. Dieser Motor ist legendär! Nicht nur wegen seiner ausgezeichneten Zuverlässigkeit, gilt er doch als nahezu unzerstörbar. Mit der ab Jahreswechsel 2001/2002 erhältlichen Werksleistungssteigerung (X50) gibt es sogar satte 450 Pferdchen und 620 Nm Drehmoment.
Die Fachpresse frohlockte seinerzeit ob des nicht vorhandenen Turbolochs und der hervorragenden Manieren. Die Auto, Motor und Sport ermittelte für den Sprint von 0 auf 200 km/h, sowie die Verzögerung bis zum erneuten Stillstand auch aus heutiger Sicht beeindruckende 19,2 Sekunden. All diese Leistungswerte offeriert der 996 Turbo mit einer unheimlichen Gelassenheit. Anders als seine mitunter wilden Vorgänger ist der Porsche 996 Turbo ein leicht zu fahrendes Auto, das in jeder Lebenslage üppige Performancereserven vorhält, ohne den Fahrer je zu überfordern.
Die optional erhältlichen Porsche Ceramic Composite Brakes (PCCB) sind extrem teuer im Austausch und nicht für Langlebigkeit bekannt. Viele Turbofahrer haben im Laufe des Autolebens sogar auf die serienmäßigen Stahlscheiben zurückgerüstet. Wie auch beim 996 Carrera sollten die Lufteinlässe in der Front auf Schmutz und die dahinterliegenden Radiatoren genau auf Korrosion geprüft werden um teure Überraschungen zu vermeiden.
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Da der Turbo hervorragende Langstreckenqualitäten bietet, wurden viele als Alltagsfahrzeuge eingesetzt und haben dementsprechend hohe Laufleistungen. Das ruft natürlich auch Kriminelle auf den Plan, um die Tachos zurückzudrehen. Daher sollten vor dem Kauf unbedingt sämtliche Steuergeräte auf ihre Betriebsstunden hin ausgelesen werden. Auch ein Check auf Überdreher sollte obligatorisch sein.
Bis auf ganz wenige Aunsahmen lässt sich zur Karosse sagen: Porsche 996 rosten nicht, sofern sie unfallfrei sind. Deshalb Spaltmaße und im besten Falle Lackdichte genau kontrollieren! Schwierig wird die Suche übrigens bei knalligen Farben. Modelle in speedgelb oder indischrot sind beispielsweise außerordentlich selten am Markt zu finden und oft teurer. Silber, schwarz und grau überwiegen sehr deutlich.
Die Tiptronic S gilt als unproblematisch, aber weniger fahraktiv, während die sportlichere 6-Gang-Schaltbox mehr Freude bereitet, aber hin und wieder von schwächelnden Synchronisierungen zu lesen ist. Besonders bei flotten Gangwechseln von der ersten in die zweite Fahrstufe sollte es kein Knirschen geben. Andernfalls ist eine teure Revision der Synchronisierung fällig. Außerdem lässt das auch auf die Fahrweise der Vorbesitzer schließen. Je härter der Wagen rangenommen wurde, desto eher meldet sich das Getriebe.
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Den Zustand der Bremsen und des Fahrwerks penibel zu prüfen, sollte zwar Bestandteil jeder Besichtigung sein, doch gerade beim Porsche 996 Turbo sind diese Teile eben deutlich kostspieliger als beispielsweise beim Carrera. Der 996 Turbo ist mittlerweile knapp 20 Jahre alt. Häufig sind noch die ersten Motor- und Domlager verbaut. Verschlissene Motorlager äußern sich durch merkbare Vibrationen im Innenraum. Die Domlager melden sich gern bei härteren Schlägen, wie beispielsweise Fahrten über Kopfsteinpflaster. Wer die Domlager wechselt, sollte direkt auch in neue Dämpfer investieren.
Das wichtigste Kriterium bei der Suche nach einem Porsche 996 Turbo sollte die Wartungshistorie sein.
Vorsicht ist inbesondere bei leistungsgesteigetern 996 Turbos geboten. Zwar verzeiht der Mezger-Block mildes Tuning relativ klaglos, doch auch hier sind eben Grenzen gesetzt. Sofern es sich nur um Softwareanpassungen handelt, sollten keine zu aggressiven Mappings aufgespielt sein. Wenn eine Werksleistungssteigerung bei Modellen ab 2002 angegeben ist, sollte dringend überprüft werden, ob der Ausstattungscode X50 auf dem Fronthaubensticker zu finden ist. Falls nicht, handelt es sich um nachträgliches Tuning.
Insbesondere bei einem Supersportwagen wie dem Porsche 996 Turbo sollten die Service-Intervalle penibel eingehalten werden. Es handelt sich schließlich um ein Fahrzeug, das über 300 km/h erreichen kann. Doch nicht nur in Bezug auf die Sicherheit, sondern auch im Hinblick auf den Geldbeutel sollte das wichtigste Kriterium bei der Suche nach einem Porsche 996 Turbo die Wartungshistorie sein. Aufgeschobene Arbeiten verschlingen sehr schnell fünfstellige Summen, weshalb das Auto mit dem günstigeren Einstandspreis mittelfristig oft das teurere ist.
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Insgesamt wurden etwa 20.500 Porsche 996 Turbo (ohne Turbo S) produziert. Davon entfallen knapp 17.000 auf das 996 Turbo Coupé und circa 3.500 auf das erst 2004 vorgestellte Turbo Cabriolet. Das bedeutet, es gibt nach wie vor ein recht großes Angebot auf dem Gebrauchtmarkt, was die Preise (noch) bezahlbar erscheinen lässt. Die Einstandspreise sind eigentlich durchweg im mittleren fünfstelligen Eurobereich. Kein anderes Auto in dem Segment bietet so viel Performance für’s Geld.
Natürlich hat auch ein 911 Turbo seine Schwachstellen. Exemplarisch sei hier die Reichweite wegen des kleinen 64 Liter Tanks genannt. Auch der Kofferraum geriet durch den Allradantrieb recht überschaubar. Doch in der Summe seiner Eigenschaften bietet der Porsche 996 Turbo eine Vielseitigkeit wie kein anderer Sportwagen aus den frühen 2000ern. Er gilt als robuster Begleiter im Alltag, wie auf der Rennstrecke. Wer könnte da schon widerstehen? Und klingt es nicht verlockend, sagen zu können: „Ich fahre einen Porsche Turbo!“?
Elferspot Magazin