Kaum eine Phrase wird in Porsche-Kreisen so oft gedroschen wie „der letzte echte Elfer“. Wir maßen uns nicht an, zu bewerten, welcher denn nun der wirklich letzte echte Elfer ist. Der Porsche 991.1 Carrera (S), markiert jedoch das Ende einer über 50 Jahre andauernden Ära. Sie sind nämlich die letzten 911 Carreras mit Saugmotor. Wir haben die wichtigsten Fakten für euch zusammengefasst und wollen euch mit der Porsche 991.1 Carrera (S) Kaufberatung einen kleinen Wegweiser für eine Kauf-Entscheidungsfindung geben.
Vorgestellt wurde der Porsche 991 im September 2011 auf der IAA in Frankfurt. Porsche stand zu diesem Zeitpunkt kurz davor, von VW übernommen zu werden, nachdem der Versuch, VW selbst zu übernehmen, zwei Jahre zuvor gescheitert war. Somit ist der 991.1 der letzte Porsche 911, der in der Eigenständigkeit des Unternehmens Porsche entstand. Je nach Quelle liest man von bis zu 90% Neuteilen gegenüber dem Vorgänger 997. Somit stellt er einen der größten Entwicklungsschritte in der Geschichte des Elfers dar.
Gewachsen ist der 911 in seiner siebten Generation. 56 mm länger, gleichzeitig aber mit 32 bzw. 12 mm kürzeren Überhängen, trotz des 100 mm längeren Radstandes. Verbunden mit der etwas flacheren Dachlinie wirkt der 991 gestreckt, aber doch agil. Der Porsche 911 vom Typ 991 ist zwar größer, aber trotzdem leichter als der 997. Damit liegt sein Gewicht wieder näher am Vor-Vorgänger.
Die hinteren Scheinwerfer wurden deutlich schmaler und in Anlehnung an vergangene Tage zierte fortan ein Porsche-Schriftzug das Heckblech. Erst darunter lässt sich die genaue Modellbezeichnung ablesen. Ebenfalls waren die Seitenspiegel wieder, wie in der „guten alten Zeit“, direkt an die Tür angebracht. Der ausfahrbare Heckspoiler war allerdings nicht mehr traditionsgemäß in den Motordeckel integriert.
Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass den Porsche-Designern mit dem 991 ein ganz großer Wurf gelungen ist. Gerade in der Rückansicht wirkt der siebte Elfer mitnichten wie ein über zehn Jahre altes Design. Wer die breitere Karosse haben möchte, muss allerdings zum Carrera 4 (S) greifen. Den heckgetriebenen Carreras blieben die dicken Backen leider verwehrt.
Doch nicht nur optisch hat sich beim Porsche 911 des Jahrgangs ’11 einiges getan. Auf Motorenseite wurde Downsizing das erste Mal zum Thema. Der Basis Carrera hatte nur noch 3,4 statt der 3,6 Liter Hubraum des Vorgängers. Grund dafür war ein verringerter Hub. Die Bohrung entspricht der des 997 Carrera S Triebwerks. Im Gegenzug zeigte sich der neue Direkteinspritzer jedoch noch drehfreudiger, sodass bei gleichbleibendem Drehmoment von 390 Nm die Spitzenleistung um fünf PS auf 350 anstieg.
Der Carrera S behielt 3,8 Liter Hubraum und sendete satte 400 PS an die Kurbelwelle. Wie auch beim 3,4 Liter Triebwerk wurde die Leistung durch mehr Drehzahl erkauft. Fast 8.000 U/min waren fortan drin, in einem Carrera! Damit dreht der 991.1 in seiner Basisversion etwa so hoch wie der 996 GT3. Das maximale Drehmoment beim Porsche 991 Carrera S liegt bei 440 Nm.
Auch bei der Kraftübertragung gab es Neuerungen: Der Porsche 991 erhielt als erstes Serienfahrzeug der Welt ein 7-Gang Schaltgetriebe. Somit konnte Porsche auch beim handgeschalteten Elfer die CO2-Ziele erreichen. Der siebte Gang ist, ähnlich wie beim PDK, eher als Overdrive ausgelegt und hilft dabei, Kraftstoffverbrauch und Emissionen zu verringern. Sicherlich nicht das entscheidende Kaufkriterium der klassischen Elferkundschaft, aber der Porsche 911 bleibt sich damit treu als einer der effizientesten Sportwagen der Welt.
Der eigentliche Clou des 991.1 liegt jedoch in dem wahnsinnigen Spagat zwischen Komfort, Alltagstauglichkeit und Performance. In Zahlen ausgedrückt: Der Porsche 991 Carrera S ist auf der Nordschleife mit 7:40 Minuten genauso schnell wie ein 997 GT3. Allein dieser Wert verdeutlicht, wie groß der Entwicklungsschritt hin zum Porsche 991 ist. Zwar monierten Puristen, dass der 991 mehr in Richtung GT ausgelegt war, doch die Messwerte sprechen für seine sportlichen Qualitäten.
Der Porsche 991 Carrera S ist auf der Nordschleife mit 7:40 Minuten genauso schnell wie ein 997 GT3.
Und während der 997 im grundsätzlichen Aufbau des Cockpits seine Verwandtschaft zum 996 nicht ganz verhehlen konnte, erstrahlt das 991 Interieur in ganz neuem Glanz. Die Mittelkonsole trägt seither eine ganz neue Handschrift und das Design findet Anwendung in der gesamten Zuffenhausener Produktpalette. Unverkennbares Merkmal: Die Schalterleisten um den Schaltknauf herum. Zum ersten Mal gab es im Elfer auch ein digitales Farbdisplay im Cockpit – ein kleiner Vorgeschmack auf das digitale Dashboard des 992.
Nach den bügellosen Targas beim 993, 996 und 997 erhielt der Porsche 991 als erster Elfer seit Anfang der 90er Jahre wieder einen Targa mit dem klassischen Bügel. Die Fans frohlockten, auch wenn es den Targa nur noch mit Allradantrieb zu bestellen gab. Porsches Werbeslogan zur Einführung: „Stellen Sie sich vor, Sie treffen Ihre Jugendliebe wieder. Und sie ist noch schöner geworden.“
Wie mittlerweile schon gewohnt, gibt es unzählige Kombinationsmöglichkeiten, aus denen ein potenzieller Kaufinteressent wählen kann. Bezogen auf den Carrera mit und ohne S gibt es folgende Varianten zur Auswahl: Cabrio und Coupé als Carrera 2/4 und Carrera 2S/4S, den Targa nur mit Allradantrieb als Targa 4/4S. Die GTS Modelle nehmen nochmal einen Sonderstatus ein und seien hier nur am Rande erwähnt.
Grundsätzlich gilt auch beim Porsche (911) 991: Wer maximale Performance und puristisches Fahren möchte, kommt um ein Coupé mit Heckantrieb nicht herum. Ohne Blick auf die Rundenzeiten kann ein Basis Carrera in Sachen Fahrspaß sogar die bessere Wahl sein. Er hat zwar einen schwächeren Durchzug, dafür lässt sich die herrliche Drehfreude häufiger im (gerade so) legalen Rahmen ausreizen. Einziger Wermutstropfen: Serienmäßig gab es weder das Porsche Active Suspension Management, noch ein Sperrdifferenzial.
Für den Ganzjahresbetrieb bietet das Plus an Traktion des Carrera 4(S) beruhigende Reserven. Sonnenanbetern und Frischluftfanatikern wird abermals das Cabrio ans Herz gelegt. Designfetischisten und Ästheten könnten jedoch durchaus ihr Herz an den Targa verlieren. An der betörend schönen Neuauflage mit dem Targabügel und der breiten Karosse kann man sich nur schwer satt sehen. Für den besonders extravaganten Auftritt sorgt der Ein-/Ausklappemechanismus des Targadachs, bei dem die gesamt Glaskuppel angehoben wird, um das Dach zu verstauen.
Dem Porsche 911 991.1 eilt der Ruf exzellenter Qualität voraus.
Anders als beim 996 und 997 liegen beim Porsche 991.1 wenige Erkenntnisse zu systematischen Problemen vor. Er gilt als sehr ausgereift und ihm eilt der Ruf exzellenter Qualität voraus. Das schlägt sich allerdings auch in den Gebrauchtpreisen nieder. Während der Grundpreis des Basismodells bei ca. 90.000 Euro lag, gibt es kaum gebrauchte 991.1 für unter 80.000 Euro. Die Tatsache, dass der Nachfolger 991.2 mit Turbomotoren ausgerüstet ist, sorgt für hohe Wertstabilität.
Ob der Porsche 991.1 Carrera irgendwann zum Klassiker reift, lässt sich schwer einschätzen. Ihn zeichnet jedoch ein hohes Maß an technischer Finesse und modernen Komfortfeatures aus. Wer auf der Suche nach einem reinrassigen Elfer ist, der auch mit hohen Laufleistungen nicht viel von seinem Wert verliert, ist mit dem Porsche 991.1 Carrera hervorragend bedient. Man kann ihn also ohne schlechtes Gewissen für das Nutzen, wofür er konzipiert wurde: Sportliches Fahren.
Elferspot Magazin