Nach der Präsentation des ersten Restomods von Singer Vehicle Design 2009 brach ein regelrechter Hype um luftgekühlte Retro-Elfer aus. Es entstand eine ganz neue Fahrzeuggattung in der Porsche-Szene. Gefühlt jeder wollte einen Porsche 964 oder 993 haben, der im Stile eines F-Modells neu aufgebaut wurde. Schnell wurde der Begriff Porsche 911 Backdate salonfähig. Unzählige Hersteller wie Kaege, GS Manufaktur, Evomax oder Sander bieten für jeden Geschmack den passenden Retro-Porsche.
Doch wie entwickelt sich die Nachfrage? Ist der Porsche 911 als Backdate bzw. Modified noch immer so populär? Wir gehen der Sache auf den Grund und beantworten die Frage: Ist der Hype um Porsche 911 Backdates vorbei?
Blicken wir zunächst auf die Zahl angebotener Fahrzeuge. Von 2018 bis 2022 wuchs das Angebot in der Elferspot Porsche 911 Backdate/Modified-Sektion kontinuierlich. 449 Porsche 911 Backdate/Modified bzw. Restomod wurden seit Gründung auf Elferspot angeboten. Allein 2022 waren 220 unterschiedliche Restomods auf Porsche 911-Basis im Angebot.
Diese Zahlen sind vor allem deshalb sehr beachtlich, weil viele Fahrzeuge auf Elferspot als Referenzfahrzeuge angelegt sind. Das heißt, dass die Restomod-Anbieter diese Fahrzeuge als Beispiel für ihre Arbeit anlegen, aber in den meisten Fällen jährlich mehrere dieser Fahrzeuge auch produzieren und verkaufen. Es zeigt auch, dass die Bandbreite an Restomods über die letzten fünf Jahre deutlich gewachsen ist.
Um den reinen Angebotszahlen Kontext zu geben und Rückschlüsse auf das tatsächliche Interesse der Kundschaft zu ziehen, müssen wir sie in Zusammenhang mit den Verkäufen betrachten. Dazu müssen wir jedoch zunächst die oben angesprochenen Referenzfahrzeuge aus der Gleichung nehmen. 16 verschiedene Hersteller bieten auf Elferspot zur Zeit 42 solcher Muster für ihre Restomods auf 911-Basis an.
Bleibt ein Gesamtangebot von 407 Porsche 911 Backdates auf Elferspot. Davon wurden insgesamt 308 als verkauft markiert. Die Verkaufszahlen der Restomods für 2021 und 2022 beliefen sich auf 100 bzw. 101. Im ersten Quartal 2023 waren es bereits 27. Auf ein Jahr hochgerechnet kämen wir damit auf 108 Verkäufe. Einen Rückgang des Interesses an Porsche 911 Backdate/Modified gibt es also nicht. Ganz im Gegenteil, wir sehen immer noch einen leichten Anstieg.
Zwar wächst auch der Abstand zwischen neu angebotenen und verkauften Restomods, doch die Erklärung liegt auf der Hand. Denn es gibt neue Anbieter am Markt, die auch neue Referenzfahrzeuge einstellen. Somit wächst der Bestand an angebotenen Porsche 911 Backdate/Modified auf dem Elferspot Marktplatz in größerem Maße, als es die Verkaufszahlen können.
Ein Angebot ist nichts ohne die entsprechende Nachfrage, also das Kaufinteresse. Eine passende Kennzahl zur Ermittlung dieses Interesses ist die Anzahl der eingerichteten Suchagenten auf Elferspot. Sie gibt Aufschluss darüber, wie viele User sich bei jedem neuen Inserat eines bestimmten Modells benachrichtigen lassen. Und die Anzahl der gespeicherten Suchagenten mit Porsche 911 Backdate/Modified als Suchkriterium wächst kontinuierlich.
In 4,57 Prozent aller gespeicherten Suchen auf Elferspot wird nach einem Porsche 911 Backdate Ausschau gehalten. Zur Einordnung: Damit sind Restomods gefragter als der erste Porsche 911 Turbo vom Typ 930. Der kommt auf 3,81 Prozent des Suchvolumens. Selbst das Auto, auf dem die meisten 911 Backdates basieren, der Porsche 964 Carrera, kommt mit etwa 3,9 Prozent nicht an die Restomods heran. Nur der Porsche 993 Carrera kann das mit 4,74 Prozent aller Suchagenten noch toppen.
Doch die Zuwachsraten im Suchvolumen sind beim Porsche 911 Backdate niedriger. Während sich die Anzahl an Suchen nach Modellen wie dem 964 Carrera 2 oder dem 997 GT3 teilweise verdoppelte, legten Backdates „nur“ um etwa 15 Prozent zu. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, werden die Porsche 911 Backdates zwar eine Position einbüßen, aber trotzdem Platz 3 der meistgesuchten Fahrzeuge auf Elferspot einnehmen.
Um unsere Daten zu verifizieren, fragten wir bei den Erschaffern dieser fahrenden Kunstwerke nach. Roger Kaege kann zum Beispiel keinen Nachfragerückgang feststellen. „Zwar gibt es immer mehr Wettbewerb, aber das Interesse an unseren Kaege Retro lässt nicht nach“, so das deutsche Urgestein der Backdate-Szene. Seit mittlerweile zwölf Jahren baut er Porsche 911 Restomods auf Basis des letzten luftgekühlten Elfers, dem 993. Die Nachfrage nach seinen Backdates steige nach wie vor kontinuierlich. Regionale Trends kann er hingegen nicht ausmachen, dafür ist die Kundschaft zu international. Nach „Hongkong, Monaco, Deutschland, in die USA und die Schweiz“ habe er kürzlich Fahrzeuge verkaufen können. Derzeit fertigt er Kaege Retro Nummer 21.
Auch Christian Wilms von Das Triebwerk kann kein Abflauen der Nachfrage ausmachen. „Ich stelle auch fest, dass es immer mehr Mitbewerber am Markt gibt. Aber auf unseren Absatz hat das keinen Einfluss. Die Nachfrage geht nicht zurück“, berichtet der Tüftler aus Schwelm. Er sieht sogar einen gegenläufigen Trend: „Es gibt sicher einige Leute, die der Meinung sind, das Thema Backdate ist durch. Aber dem stehen immer mehr Leute gegenüber, die sich ihren ganz individuellen Traum erfüllen wollen. Auch die technischen Innovationen aus den Backdates, wie Auspuffanlagen und Einzeldrosselklappenanlagen verkaufen sich bei uns sehr gut“, blickt Wilms positiv in die Zukunft.
„Es gibt sicher einige Leute, die der Meinung sind, das Thema Backdate ist durch. Aber dem stehen immer mehr Leute gegenüber, die sich ihren ganz individuellen Traum erfüllen wollen.“
Christian Wilms, Das Triebwerk
Philipp Göller von der GS Manufaktur kommt zu einem ähnlichen Schluss. Er schränkt allerdings ein: „Wir merken, dass die Anfragen zu unseren GS-Backdates deutlich konkreter geworden sind. Zwar ist der extreme mediale Hype zum Thema Porsche Backdate ein wenig abgeklungen, aber das Kundeninteresse ist weiterhin auf hohem Niveau.“
Die Porsche Community selbst sieht der junge Kfz-Meister genauso im Wandel. „Die Szene hat sich in den letzten Jahren geöffnet und ist weniger konservativ. Das sieht man auch an den sehr unterschiedlichen Wegen, die beim Bau von 911 Backdates eingeschlagen werden“, freut sich Göller. Er selbst ist, als Fan der offenen, amerikanischen Auto-Kultur, „sehr froh“ darüber, dass die Individualisierung von Porsche Sportwagen auch in Deutschland mehr und mehr Akzeptanz findet. Das zeigt auch die Nachfrage, denn nach elf Auslieferungen ist die Produktion bereits bis zum 20. Backdate aus der GS Manufaktur verplant. Dieser soll Ende 2024 in die Garage des Kunden einziehen können.
Auf keiner Plattform gibt es mehr Porsche 911 Backdates im Angebot, als bei Elferspot. Dementsprechend viele unterschiedliche Ansätze sehen wir auch. Und jeder einzelne Restomod auf Basis des Porsche 911 ist ein Einzelstück. Der eine Hersteller setzt auf bewährte Großserientechnik, um Service in jedem Porsche Zentrum zu ermöglichen. Dem stehen Visionäre entgegen, die technisch komplett eigene Wege gehen. Manch einer baut sehr traditionelle Backdates und der nächste baut einen wassergekühlten Rennmotor in ein 911 F-Modell.
„Des Menschen Wille ist sein Himmelreich“, wusste schon der deutsche Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe. Und deshalb gibt es für jeden Geschmack auch den passenden Porsche 911 Backdate. Ist es nicht großartig, dass Enthusiasten mittlerweile genau das Paket wählen können, das ihrem eigenen Anspruch gerecht wird? Genau dieses Streben nach Individualisierung sorgt schließlich auch dafür, dass die Entwicklung der Porsche 911 Restomods immer weiter geht.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass wir die Eingangsfrage verneinen können. Nein, der Hype um Porsche 911 Backdates ist nicht vorbei. Das Interesse wächst nach wie vor und das schlägt sich auch in der Nachfrage nieder. Es gibt sogar vereinzelt Studien, die Restomods auf Basis von Transaxle-Modellen in Aussicht stellen. Ja, selbst Porsche 996 wurden schon als Basis für 911 Backdates genutzt. In dieser Hinsicht können wir zweifelsfrei in eine rosige Zukunft blicken.
„Nein, der Hype um Porsche 911 Backdates ist nicht vorbei. Das Interesse wächst nach wie vor und das schlägt sich auch in der Nachfrage nieder.“
Richard Lindhorst, Elferspot
Hersteller | Basis-Fahrzeug | Standort |
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Das Triebwerk – dtw | Porsche 964 | Deutschland, Schwelm |
dp Motorsport | Porsche 964 und 911 Carrera 3.2 | Deutschland, Overath |
EvoMax | Porsche 911 F-Modell, G-Modell, 964 und 993 | Deutschland, Markgröningen |
GS Manufaktur | Porsche 964 und 993 | Deutschland, Baden-Baden |
Julia 911 | Porsche 911 G-Modell, 964 und 993 | Spanien, Barcelona |
Kaege Automobile | Porsche 993 | Deutschland, Stetten |
Lightspeed Classic | Porsche 964 | Deutschland, Taufkirchen |
OM Automobile | Porsche 964 | Deutschland, Wendelstein |
Paul Stephens | Porsche 993 | England, Halstead |
PS Automobile | Porsche 964 | Deutschland, Lippstadt |
Sander Automotive | Porsche 964 | Deutschland, Osnabrück |
Schmidt OSS | Porsche 964 | Niederlande, Oss |
Speed Service | Porsche 964 | Niederlande, Sittard |
Sportec | Porsche 964 | Schweiz, Bülach |
Trissl Sports Cars | Porsche 911 F-/G-Modell und 914 | USA, Florence, Alabama |
Vehicle Experts | Porsche 911 Carrera 3.2 und 964 | Österreich, Parndorf |
Elferspot Magazin