Wer sich einen gebrauchten Porsche 911 kaufen möchte, muss sich unweigerlich mit der Frage beschäftigen, ob es ein luft- oder wassergekühlter Elfer sein soll. Da die Preise auch nicht immer sehr weit auseinander liegen, ist die Entscheidung mitunter wirklich schwierig. Um das Dilemma deutlich zu machen und die Wahlmöglichkeiten zu verdeutlichen, wagen wir einen Generationenvergleich zwischen dem nur etwas teureren Porsche 993 Turbo und seinem gut zehn Jahre jüngeren Pendant, dem Porsche 997.2 Turbo.
Unter Enthusiasten wird der Porsche 993 oft als heiliger Gral der Elfer verehrt. Er ist der letzte luftgekühlte Porsche 911, wurde als letzter Porsche 911 überwiegend von Hand gefertigt. In Form des 993 Turbo bzw. Turbo S entstanden von 1995 bis 1998 nur etwas über 5.000 Exemplare entstanden. Diese Kombination sorgt für hohe Wertstabilität und zieht Sammler magisch an.
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Der Porsche 997 Turbo hingegen wird von vielen als erster „richtiger“ Turboelfer der Moderne gesehen. Er profitiert vom polarisierenden Design des Vorgängers vom Typ Porsche 996 und ist nie wirklich günstig geworden, trotz vergleichsweise großer Stückzahlen. Rechnet man alle 997 Turbo und Turbo S zusammen, sind es fast 32.000 Modelle der sechsten Porsche 911-Baureihe geworden.
Die Ausgangslage könnte kaum unterschiedlicher sein. In der einen Ecke der luftgekühlte Porsche 993 Turbo, dessen Formensprache noch auf dem Urtyp basiert. Mit durchgehendem Lichtband am Heck, feststehendem Heckflügel und weit ausgestellten Kotflügeln. Ihm steht der wassergekühlte Porsche 997 Turbo gegenüber, der noch heute taufrisch wirkt. LED Tagfahrlicht, elektrisch ausfahrbarer Heckflügel, auffällige Luftein- und auslässe…
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Doch das Design weist in seiner Gesamtheit trotzdem einige Parallelen auf. Das Grundrezept eines kraftvollen Auftritts, der nicht indiskret wirkt, ist seit dem ersten 911 Turbo von 1974 unverändert. Der Flügel des 997 ist zwar aktiv, wirkt im eingefahrenen Zustand aber trotzdem stimmig integriert, wie auch beim starren Pendant am 993 Turbo. Von Außen wirkt der 997 tatsächlich wie eine logische Evolution des 993. Porsches Designer verstanden es sehr gut, das klassische Elferdesign in die Moderne zu adaptieren. Im Gegensatz zum 997 Turbo gab es den zwangsbeatemeten 993 allerdings nicht als Cabrio.
Wer im Porsche 993 Turbo Platz nimmt, der merkt deutlich, dass es sich, objektiv betrachtet, um ein altes Auto handelt. Fünf einzelne Rundinstrumente, ein fast schon antiquiertes Klimabedienteil, ein über 10 Jahre alter Schaltknauf, ein großes Vierspeichenlenkrad und als Reminiszenz an den Urtyp stehende Pedale. Auch die Schalter wirken wie aus einer vergangenen Zeit. Das Layout des Innenraums entspricht in weiten Teilen dem F-Modell, genauso wie die Dimensionen, sodass er sich deutlich kleiner anfühlt als die Nachfolger.
Hört sich zunächst nicht allzu spannend an, doch genau das macht den Charme des 993 aus. Er ist nicht nur der letzte luftgekühlte 911, sondern vermittelt in seiner Reduziertheit den Grundgedanken des Konzeptes Porsche 911 mit einem unvergleichlichen Maß an Qualität. Ob der Porsche 993 in Sachen Ergonomie Bestwerte erzielt? Egal. Fühlt es sich innen besonders und charakterstark an? Und wie!
Der Umstieg in einen Porsche 997 Turbo könnte hingegen kaum krasser sein. Man wird begrüßt von einem Dreispeichenlenkrad, viel Aluminium, einem großen PCM Navigationssystem, elektrisch wählbaren Fahrmodi und Klimaautomatik. Die klassischen Rundinstrumente sind, wie schon beim 996, zu einer Einheit verschmolzen. Das verbessert die Ablesbarkeit und wirkt nach wie vor frisch. Brems- und Kupplungspedal sind mittlerweile hängend montiert. Es gibt viel Komfort, tolle Verarbeitung und deutlich mehr Platz im Innenraum.
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Man merkt deutlich, dass der 997 aus einem anderen Jahrtausend stammt. Man erkennt an den angedeuteten fünf Instrumenten und den Sitzen allerdings noch eine gewisse Artverwandtschaft. Der über zehn Jahre jüngere 911 Turbo glänzt weiterhin mit Funktionalität und ist eine logische Evolution. Die Anforderungen an Sportwagen der Moderne haben sich immer mehr in Richtung Komfort und Benutzerfreundlichkeit entwickelt. Dem trägt der Porsche 997 Turbo vollumfänglich Rechnung, ohne an Sportlichkeit vermissen zu lassen.
Von den Leistungsdaten des Porsche 997 Turbo haben wir in unserer Kaufberatung bereits genügend geschwärmt. 500 PS sind eben 500 PS. Wahnwitzige 3,6 Sekunden mit Schaltgetriebe und sogar nur 3,4 Sekunden mit dem famosen Porsche Doppelkupplungsgetriebe vergehen von 0 – 100 km/h. Die variable Turbinengeometrie in Kombination mit der Direkteinspritzung sorgt für fantastisches Ansprechverhalten und Schub in jeder Lebenslage.
Doch der doppelt so alte 993 Turbo braucht sich wahrlich nicht verstecken. Die 408 PS (mit Werksleistungssteigerungskit sind es sogar bis zu 450 PS) haben wenig Mühe mit den 1.500 Kilogramm Leergewicht. Damit ist der 993 Turbo übrigens, je nach Ausstattung, 150 bis 250 Kilogramm leichter als der 997 Turbo. Die 4,5 Sekunden von 0 – 100 km/h bringen sogar einen 991 Carrera S noch gehörig ins Schwitzen. Die Kraftübertragung erfolgte beim 993 übrigens ausschließlich per 6-Gang Schaltgetriebe.
Rein objektiv und sachlich betrachtet ist die Sache klar. Der Porsche 997 Turbo würde jeden Vergleichstest mit dem 993 Turbo gewinnen. Er ist neuer, effizienter und bietet bessere Leistungswerte. Doch die Kaufentscheidung für einen Sportwagen fällt man nicht nur aufgrund von Sachargumenten. Die Frage ist vielmehr: Wofür möchte ich den Wagen nutzen und was ist mir persönlich wichtig?
Wer ein sehr bedeutungsvolles Modell der Porsche Historie sein Eigen nennen will und das Auto nur für besondere Anlässe nutzen möchte, dem würden wir durchaus eher den Porsche 993 Turbo ans Herz legen, auch wenn man nochmal ein paar Tausender drauf legen muss. Er steht stellvertretend für das Ende der über 30 Jahre andauernden Ära luftgekühlter 911er. Zugleich ist der 993 damit auch das jüngste und ausgereifteste Exemplar seiner Spezies und somit deutlich ausgereifter und nutzbarer als es beispielsweise ein 930 Turbo ist. Der 993 gewinnt unsere Herzen in diesem Vergleich, wenn es um den Genuss am reinen Fahren geht.
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Sucht man ein Auto, das auch im Alltag genutzt werden soll oder mit dem man internationale Roadtrips abspulen möchte, wäre der Porsche 997 Turbo, inbesondere mit PDK die deutlich bequemere Wahl. Puristen würden sicherlich (vielleicht sogar zurecht) aufschreien und für ein Schaltgetriebe oder eben den Oldie plädieren. Bei allem Enthusiasmus für echte Fahrerautos , müssen auch wir benzingetriebenen Dinosaurier zugeben, dass der technologische Fortschritt das Autofahrerleben angenehmer (und schneller) gemacht hat.
Vielleicht kann man festhalten: Je seltener man das Auto bewegt, desto eher sollte man den Porsche 993 Turbo in Betracht ziehen. Wie mit einer Zeitmaschine kann man mit ihm kleine Ausflüge in ein analoges Zeitalter unternehmen, ohne auf vorzügliche Performance und eine gut funktionierende Klimaanlage verzichten zu müssen.
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Elferspot Magazin