Seit 1974 steht der Porsche 911 Turbo weit oben in der Porsche-Nahrungskette. Über fünf Jahrzehnte entwickelte er sich vom Witwenmacher hin zum Super-GT, der alles kann. Deutschlands größter Porsche-Restaurationsbetrieb Early 911S nimmt sich dieses Jubiläum zum Anlass, einen ganzen Messeauftritt dem Porsche 911 Turbo zu widmen. Auf der größten Klassiker-Messe der Welt, der Techno Classica in Essen (03. bis 07. April 2024), wird Manfred Herings Team in Halle 3 an Stand 255 ein Aufgebot an Turbo-Porsches ausstellen, das in dieser Vielfalt bei einer öffentlichen Ausstellung vermutlich unerreicht bleibt. Wir dürfen euch vorab schon ein paar Appetithäppchen aus der wirklich unglaublichen Fahrzeugliste zeigen. Jetzt heißt es anschnallen, denn wir machen eine kleine Zeitreise durch fünf Jahrzehnte Porsche Turbo.
Schon in der Vergangenheit wusste Early 911S bei Messen mit Großaufgeboten klassischer Elfermodelle in spannenden Farben zu beeindrucken. Immer wieder zählen die Messestände des Wuppertaler Betriebs zu den meistfotografierten Motiven der Ausstellungen. So zum Beispiel auch bei der 2022er Techno Classica, als Early 911S gut 50 luftgekühlte Elfer ausstellte. Anlässlich des fünften runden Geburtstags des Porsche 911 Turbo hat sich Manfred Hering für die diesjährige Klassikermesse in Essen nochmal etwas ganz Besonderes überlegt.
An unserem Stand werden einige der spannendsten Porsche Turbo ausgestellt sein, die es gibt. Aus allen Epochen, mit teils unglaublicher Geschichte.
Manfred Hering, Early 911S
Vom 03. bis 07. April stellt Early 911S nahezu die gesamte Historie des 911 Turbo dar. Mit von der Partie sind Turbos aller Jahrzehnte, aller Epochen. Die Geschichten hinter manchen Fahrzeugen sind kaum zu glauben. Manfred Hering hat beispielsweise mehrere ehemalige Presse- und Präsentationsfahrzeuge versammelt, die auch gut im Porsche Museum stehen könnten. Oder einen über 30 Jahre alten 911 Turbo im Neuwagenzustand mit nachweislich dreistelligem Kilometerstand. Die Bandbreite und vor allem die „Vollständigkeit“ ist schlicht beeindruckend.
Doch es beschränkt sich nicht nur auf den 911. Auch andere Porsche-Modelle mit Turboantrieb finden ihren Platz in Manfred Herings „Sonderausstellung“. Für angehende Motorsporthistoriker wird ebenso ein paar Leckerbissen in Halle 3 geben. So viel sei verraten: Deren Geschichte und Lackierungen lassen die Herzen von Rennsportfans sofort höher schlagen.
Porsches Turbo-Story begann 1974. Porsche selbst spricht heute von einem mutigen Schritt: „Zwar waren aufgeladene Motoren im Rennsport nichts Außergewöhnliches mehr, aber an ein Straßenfahrzeug mit Turbomotoren hatte sich zuvor nur ein Hersteller gewagt. Die Kraftkur durch den Lader ging in der Regel mit drastisch verringerter Lebenserwartung des Triebwerks einher, hoher Empfindlichkeit und besonders kapriziösem Fahrverhalten. Kurzum: Der Turbomotor galt als unzähmbar.“
Ohne den 917 hätte es den 911 Turbo wohl nie gegeben.
Hans Mezger
Doch Porsches Ingenieure bekamen die Probleme mit einer Ladedruckregelung über ein Abgas-Bypassventil in den Griff. Dieser Technologietransfer aus dem Rennsport ermöglichte eine passende Dimensionierung der Turbolader, um auch bei niedrigeren Drehzahlen genügend Ladedruck aufzubauen. Porsche-Motorenpapst Hans Mezger schuf so mit seinem Team ein Aggregat, dessen Leistungsfähigkeit den Turbo 1974 mit 260 PS zum stärksten deutschen Serienfahrzeug aller Zeiten machte.
Das älteste Auto, das Early 911S anlässlich des 50-jährigen Porsche 911 Turbo-Jubiläums in Essen zeigt, ist – natürlich – ein Porsche 930 Turbo, der Urturbo. Und es handelt sich sogar um eines der ersten Fahrzeuge mit Baujahr 1974. Genauer gesagt ist er der elfte je gebaute Porsche 911 Turbo. Und er hat eine überaus bewegte Geschichte hinter sich.
Zunächst setzte Porsche den ursprünglich Arrowblau lackierten 930 als Präsentationsfahrzeug ein. Deshalb war der Ur-Turbo mit seinem damaligen Nummernschild S-U 5996 ein sehr oft fotografiertes Motiv. Doch seine Geschichte endete anschließend nicht im Museum, oder als Privatfahrzeug eines Entwicklungsingenieurs.
Stattdessen hat er kaum noch etwas mit seinem Auslieferungszustand gemein. Der Porsche 930 Turbo wurde zur Teilnahme an der 1978er Ausgabe des 24h-Rennens von Le Mans aufgebaut. Das französische Team Joël Laplacette setzte den Wagen, trotz viel 934-Technik, als 930 Turbo ein. Sie qualifizierten sich auf Startplatz 54 von 64, mussten im Rennen allerdings durch einen Unfall nach 116 Runden aufgeben. Es war das letzte Mal, dass ein Porsche 930 Turbo in Le Mans an den Start ging. Mittlerweile ist der Wagen wieder blitzsauber aufgebaut, inklusive klassischer Startnummer 65. Außerdem hat er sogar eine aktuelle Le Mans Classic Nominierung.
1978 folgte auf den Porsche 930 Turbo der Porsche 930 Turbo 3.3. Mit ihm erreichte Porsche die magische Schallmauer von 300 PS. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten für die Stuttgarter folgte zwar noch eine optionale Kraftkur, die sogenannte Werksleistungssteigerung, doch auf ein neues Modell mussten Porsche-Fans über zehn Jahre warten. Und hier kommt das zweite Auto auf Manfred Herings Turbo-Messestand ins Spiel.
© Porsche AG & Early 911S
Dieser in Amethystmetallic lackierte Porsche 964 Turbo 3.3 birgt nämlich ein großes Geheimnis. Ursprünglich war er ein 1989er Porsche 964 Carrera 2. Auf den ersten Blick klingt das nicht nach einem Traum für Puristen. Was im Porsche Werk jedoch anschließend aus dem Wagen wurde, macht ihn umso interessanter. Denn nach umfangreichen Umbaumaßnahmen verließ der einstige Carrera 2 im November 1989 das Werk als Porsche 964 Turbo.
Wie auch 930 Turbo Nummer 11 lebte 964 Turbo Nummer 1 sein erstes Leben als Präsentationsfahrzeug. Denn 1990 wurde er – wie auch das Flügelmonster Mercedes-Benz 190 Evo II – auf dem Autosalon im schweizerischen Genf der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Seither durchlief der erste Porsche 964 Turbo einige Umbauten. Heute hat der ehemalige Prototyp eine Leistungssteigerung, ein überarbeitetes Fahrwerk und die Seitenteile des 964 Turbo S. Porsches erster 964 Turbo kann in Essen genau inspiziert werden und steht sogar zum Verkauf. Wer sich also ein echtes Filetstück der Porsche-Geschichte sichern will…
Museumswürdige Zeitkapseln sind der Stoff, aus dem echte Sammlerträume gemacht sind. Solche Fahrzeuge mit Neuwagenzustand und bestenfalls nur Auslieferungskilometern auf dem Tacho erzielen auf Auktionen regelmäßig Rekordergebnisse. Für Interessenten, die sich beispielsweise zum ersten Porsche 964 Turbo noch einen quasi neuen Turbo dazustellen wollen, hat Manfred Hering auch genau das richtige in Halle 3 parat.
Denn bei Early 911S wird in Essen ein Porsche 964 Turbo 3.3 mit nachweislich nur 574 km Laufleistung stehen. Dieser indischrote Turbo mit schwarzer Lederausstattung sieht aus als wären wir zurück ins Jahr 1991 gereist und hätten ihn gerade vor dem Porsche Zentrum vom Transporter gerollt. Es sind noch die Aufkleber auf den Rückleuchten und selbst die Schonbezüge auf Lenkrad und Sitzen noch vorhanden. Eine solche Gelegenheit tut sich nicht oft auf.
Es gibt viele einzigartige Autos und ich habe auch schon sehr viele gesehen, aber selten so ein unangetastetes Exemplar!
Manfred Hering, Early 911S
Der Pariser Autosalon war 1992 auf seinem absoluten Höhepunkt. Über 1,1 Millionen Besucher zählten die Veranstalter. Auch wenn der neu vorgestellte Renault Twingo im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, verzückte Porsche die Sportwagenfans mit einem neuen Spitzenmodell. Der Porsche 964 Turbo 3.6 war ein gewaltiger Schritt für die Marke. War der 964 Turbo 3.3 im Spurt noch marginal schwächer als der Vorgänger mit WLS, ging Porsche mit dem neuen 3,6 Liter Motor in die Vollen. Mit 40 PS und 80 Nm mehr als der Vorgänger machte der Turbo 3.6 einen deutlichen Satz nach vorn.
Auch farblich fiel der Neue auf. Denn Porsche stellte den 964 Turbo 3.6 auf dem Pariser Autosalon in einer sehr gewagten Kombination vor. Sein Lack glänzte im Türkiston Wimbledongrün. Er steht auf den bildschönen dreiteiligen Speedline-Felgen und hat neben dem auffälligen Lack noch weitere Farbakzente zu bieten.
Denn selbst der Innenraum begrüßt in Wimbledongrün. Es ist schon ein bisschen surreal, wenn man die Tür öffnet. Teppiche, Sitze, sogar das belederte Armaturenbrett sind türkis. Diese Kombination ist sicherlich nicht jedermanns Sache, aber ein absoluter Eyecatcher ist es allemal. Und dieses Auto aus Manfred Herings Fundus wird ebenfalls auf der Techno Classica 2024 zu sehen sein!
Nachdem der Porsche 964 Turbo 3.6 allein durch seinen Auftritt im Bad Boys Film zu einer Legende wurde, brachte Porsche mit dem 993 Turbo ein weiteres Modell für die Ewigkeit. Sein Design zählt zum Schönsten, was je die Zuffenhausener Werkshallen verlassen hat. Außerdem hat er als letzter luftgekühlter Porsche 911 Turbo auch eine ganz besondere Aura, eine hohe historische Signifikanz.
Nun stelle man sich vor, vor einem der Präsentationsfahrzeuge dieser Modellreihe zu stehen. Vielleicht sogar dem ersten je straßenzugelassenen Porsche 993 Turbo. Ja, genau diesen Wagen hat Manfred Hering in Essen auch dabei. Und diesen Turbo-Elfer haben vermutlich die allermeisten Porsche-Fans schon mal in irgendeiner Publikation gesehen.
Das Arenarot lackierte Präsentationsauto mit Interieur in Rubicongrau hatte nämlich reichlich öffentlichkeitswirksame Auftritte. Im Porsche Magazin Christophorus, der Auto, Motor und Sport, Sport Auto und sogar im Fernsehen bei „Wetten, dass“ kam er zu Berühmtheit. Nach umfangreicher Restauration bei Early 911S steht der Wagen wieder da wie neu und ebenfalls zum Verkauf.
Die vier Pressefahrzeuge und der Neuwagen sind für sich genommen schon ein extrem beeindruckendes Quintett. Allerdings – so viel dürfen wir vorweg nehmen – handelt es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs. Wir durften schon mal einen Blick auf Manfred Herings gesamte Fahrzeugliste für die Techno Classica Essen 2024 werfen. Es warten einige absolute Knaller auf die Besucher. Neben den straßenzugelassenen Turbos gibt es noch GT-Fahrzeuge und auch klassische Rennwagen zu bestaunen.
Der Besuch auf der Techno Classica in Essen ist also dringend empfohlen! Allein um das Geheimnis zu lüften, welche Überraschungen noch auf uns warten. Insgesamt werden es etwa 40 verschiedene Turbo-Porsches aus allen Generationen, allen Epochen und Baureihen. Auch einer von nur 14 Porsche 968 Turbo S wird ausgestellt. Einige der Exponate findet ihr bereits bei uns auf Elferspot:
Elferspot Magazin