Ein Interview mit Marc Goldbaum
Süd-Kalifornien gilt gemeinhin als glamurös. Prominente, Hochtechnologie, leistungsstarke Autos – alles findet man in Los Angeles zu Hauf. Heute geht es jedoch um ein Pärchen, dass seine Berufung in der Welt des Films gefunden hat. J und Nicole Ryan, auch bekannt als Mr. und Mrs. Ryan, starteten ihre Karrieren in L.A. als Produzent bzw. Publizist. Auch wenn die Filmbranche als letzte Bastion der Kreativen gilt, bleibt es zuallererst ein Business. Als die Ryans gerade auf dem Höhepunkt ihres Schaffens waren, erlitten sie einen herben Schicksalsschlag. Dass er zum Zündfunken für eine Neuausrichtung ihrer beruflichen Situation und somit Auslöser für eine neue Passion wurde, konnte niemand ahnen. Es führte zu einem viel bewegten Porsche 997 Carrera S mit dem schlichten Namen „Gelbes Auto“.
Hallo Marc, vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns nimmst! Dieses „Gelbe Auto“ ist uns sofort aufgefallen. Was kannst du uns darüber erzählen?
Da fange ich am besten mit den Grundlagen an, damit du verstehst, warum das Auto so anders ist. Das „Gelbe Auto“ ist ein 2005er Porsche 997 Carrera S. Wie du weißt, markierte der 2005er 911 die Rückkehr zum klassischen Elfer-Markenzeichen: den Rundscheinwerfern. Es gibt zwar unglaublich viele davon, aber dieser hier hat mich immer fasziniert. Sowohl bei Auto Shows, als auch bei Instagram.
Uns auch! Bringt uns zu der Frage: Was macht ihn so besonders? Warum sticht er aus den unzähligen Beiträgen über den Porsche 997 S heraus?
Ich bin froh, dass du fragst! Das Internet ist wirklich voll von Umbauten und glorifizierenden Artikeln rund um den 997.Dieser hier hat allerdings einige persönliche Noten und Eigenheiten, die eine faszinierende Geschichte über die Besitzer des Gelben Autos erzählen.
Wenn du diesen Porsche 997 das erste Mal siehst, fällt sicherlich die wilde Ausstattung mit Stickern auf. Alle von ihnen erzählen eine Geschichte. Sie alle zu erzählen würde den Rahmen sprengen. Der Telefunken Sticker erinnert beispielsweise an eine emotionale Geschichte unter Beteiligung von David Letterman. Die „111“ Startnummern auf Haube und Türen symbolisieren eine persönliche Geschichte der Ryans, die über Jahrzehnte reicht. Die Kalifornien Aufkleber stehen für die Liebe zu einem Staat, den die Ryans nun Heimat nennen. Die Stories an sich sind schön und gut, aber das Outlaw-Gefühl wird besonders durch die mattschwarze Motorabdeckung verstärkt, die gut zum etwas schmutzigen aber geliebten Auto passt.
Beim Einsteigen taucht man tief in den Lifestyle der Ryans ein. Der goldene Schriftzug eines frühen Porsche 911 auf dem Handschuhfach würdigt die Herkunft des 997. Zwischen Fahrer und Beifahrer finden sich Walkie-Talkies für die Kommunikation zwischen den Fahrern beim Kurvenwedeln im nahegelegenen Angeles Crest Highway. Wenn der Blick in Richtung Radioschacht schweift, fällt eines auf: Das Gelbe Auto hat keins! Es ist ein vollkommen reduziertes Beispiel für einen täglich gefahrenen Kurvenräuber.
Wenn der Blick in Richtung Radioschacht schweift, fällt eines auf: Das Gelbe Auto hat keins! Es ist ein vollkommen reduziertes Beispiel für einen täglich gefahrenen Kurvenräuber.
Wow! Das ist wirklich ungewöhnlich. Steckte von Anfang an ein Plan dahinter?
Absolut nicht! Keins dieser Teile war ursprünglich in den Gedanken der Ryans. J war jemand, dem Umbauten außerhalb der Herstellervorgaben nie in den Sinn kamen. Stattdessen ist dieser 997 eine organische Kreation, die Erlebnisse aus den vergangenen Jahren wiederspiegelt. Für die Ryans ist dieser 997 S mehr als einfach nur ein Porsche. Das Gelbe Auto steht als Sinnbild dafür, alles zu genießen, was das Leben bietet. Es ist die Antwort auf den Schicksalsschlag, den das Leben für sie bereithielt.
Sie sahen sich also großen Veränderung in ihrem Leben gegenüber. Kannst du uns genauer sagen, was du damit meinst?
Das Leben der Ryans ist wie ein offenes Buch. Alles, was du über sie wissen willst, kannst du auch in ihrem Podcast „It’s Tonight’s Show“ nachhören, aber dazu später mehr.
2011 wurde bei Mrs. Ryan multiple Sklerose diagnostiziert, wodurch ihre Realität vollkommen aus den Fugen geriet. Während die Symptome in den ersten Jahren zu verschmerzen waren, kamen im Laufe der Jahre immer mehr Schwierigkeiten. Der Alltag veränderte sich und sie suchten nach anderen Wegen, um Erlebnisse miteinander und mit den Freunden teilen zu können.
Wahnsinn! Das hört sich so an, als wenn die beiden sich durch nichts bremsen lassen…
Auf gar keinen Fall! Es würde etwas den Rahmen sprengen, wenn ich all die Schwierigkeiten erklären würde und ich bin auch nicht der Richtige dafür. Es gibt eine Menge Informationen über MS online und ich kann nur jeden ermutigen, sich damit zu beschäftigen, ja vielleicht sogar zu spenden. Jedes bisschen hilft.
Das verstehe ich vollkommen. War das Gelbe Auto nach diesem Schicksalsschlag fast so etwas wie eine Form des Entertainments?
Ja und es war so viel mehr. Als die Symptome schlimmer und die Behandlungen häufiger wurden, verschob sich der Tagesbeginn immer weiter nach vorn. Und ja, sie hätten den Kopf in den Sand stecken und ihr Leid klagen können, aber so sind sie nicht. Die Ryans entdeckten, dass Morgenstund oft Gold im Mund hat und die freien Straßen in und um Los Angeles viel zu bieten hatten. Der Angeles Crest Highway, oder auch „The Crest“, wurde quasi Mittel zum Zweck und half bei der Findung eines neuen Lebensweges.
Was typischerweise zu Einsamkeit und Kraftlosigkeit führen würde, brachte eine neue Chance für Freundschaft, Freude und neugewonnene Eigenständigkeit in ihren Leben. Ihr neuer Alltag brachte die Ryans fast jede Woche zu einem Restaurant namens „Newcomb’s Ranch“ im Crest. Es war ihr Ort der Erholung und der Auszeit vom stressigen L.A. Jeden Freitagmorgen ist diese Straße, eine der besten, die Amerika für Sportwagenfahrer zu bieten hat, quasi leer und bietet viel Raum für Spaß. Nach unzähligen Touren hoch zum Crest bildete sich eine Art Club, der „Good Vibes Breakfast Club“ (#GVBC), der eigentlich keiner ist. Es ist ein Treffen Gleichgesinnter, die der Großsstadt entfliehen und sich auf einen Kaffee oder ein gutes Essen treffen und Kameradschaft erleben wollen. Jeder ist willkommen.
Hört sich so an, als wenn wir einen Platz der Ruhe in Los Angeles gefunden habt. Du hast gesagt, dass die Diagnose eine Art Initialzündung für eine neue Leidenschaft gewesen ist. War das gelbe Auto in diesem Fall eine Art Katalysator?
Zweifelsohne. Sich dem Schicksal zu ergeben und über das Schlechte im Leben nachzudenken, ist zwar eine Option, aber die Ryans haben sich immer dagegen gesträubt. Das Gelbe Auto half ihnen, ein neues Mantra im Leben zu entwickeln. (#liveitwhileyougotit) Diese Einstellung führte zu diesem passionierten Projekt, das auch das einen gewissen David Letterman in Form des Podcast Titels „It’s Tonight’s Show“ zitiert.
David Lettermans Show war vollgepackt mit interessanten Gästen, Geschichten und einzigartigen Stimmung. Ich bin neugierig: Schaffen es die Ryans, den Geist dieser Show in ihrer eigenen zu vermitteln?
In einem Wort: Ja! J und Nicole interviewen Autofreaks, Künstler und Comedians von überall in einem ähnlichen Stil, wie das Original. Sie suchen Talente und einflussreiche Gäste um über deren Passionen zu sprechen. Jedes Segment ist voll von Begeisterung für das Thema und die Diskussionen sind stets mit Statements der Anerkennung für Ihre Gäste und das Publikum gespickt. Dieser Ton kreiert eine besonders positive Umgebung in der Diskussionen der Raum gegeben wird, sich zu entwickeln.
Hört sich nach einer Show an, die uns gefallen könnte. Wie findet man in einer so großen Stadt die passenden Gäste?
Dank ihrer Liebe zur Auto Community und zum Gelben Auto werden Sie oft durch ein Netzwerk von lokalen Cars & Coffee Besuchern vorgestellt oder treffen Sie direkt bei der Newcomb’s Ranch. Das war zum Beispiel vor dem Interview mit Hannah Elliott und Magnus Walker der Fall.
Wow, Magnus ist definitiv zu einem der bekanntesten Gesichter der Porsche Outlaw Szene in den letzten Jahren geworden. Waren J und Nicole schon immer Porsche Fans?
J kann eine langjährige Benzinsucht vorweisen, die zu einem großen Verständnis für Auto-Communities geführt hat. Er fährt zwar mittlerweile einen Porsche 997 Carrera S, hatte vorher aber eine Reihe von DeLoreans, BMWs und sogar einen Porsche 944 Turbo, den er sich nur gekauft hatte, weil Letterman auch einen besaß.
J hatte eine interessante Fahrzeughistorie… Ich bin sicher, bei einer derartigen Bandbreite kann er sich fast allein über nahezu alle Autos unterhalten.
J und Nicole haben definitiv beide eine einzigartige Perspektive, wenn es in Diskussionen um Autos geht. J würde sofort zugeben, dass sicher versiertere Autokenner gibt, aber die Ehrlichkeit und manchmal Unbedarftheit in den Unterhaltungen führt zu viel interessanteren und spannenderen Shows. Nicole und J bringen gesunde Neugier, Menschlichkeit und Kontroverse in jede Episode. Eine Beziehung mit den Gästen baut sich wie von selbst auf und die Geschichte fügen sich Stück für Stück zusammen, gepaart mit aufrichtigem Enthusiasmus.
Ein gelbes Auto, ein Schicksalsschlag und eine Talkshow. Oberflächlich betrachtet eine schräge Kombination aber es scheint alles gut zusammenzupassen.
So ist es auch. Angefangen als Ausweg aus dem Alltag, wurde die Leidenschaft für Autos und auch die Show ein Ausweg, um als Paar auszubrechen, zu lachen und sich wieder am Leben zu erfreuen. Seit der Konzeption ist die Show gereift in eine kulturelle Bastion für Autoliebhaber mit einer immer weiter wachsenden Reichweite. Ich wünschte, ich könnte die Namen der künftigen Gäste schon verraten. Es sind Legenden des Motorsports, führende Charaktere aus dem Automotive Bereich und wie immer unzählige großartige Comedians unter Ihnen.
Wir sind auf jeden Fall schon jetzt gespannt auf die nächsten Episoden. Wo finden wir sie?
Ihr Youtubekanal heißt „Porsche Life 111“. Dort findet ihr stundenweise großartige Episoden und für mehr Insiderinfos und Ankündigungen findet ihr sie auch auf Instagram.
Vielen, vielen Dank, Marc, dafür dass du die Story eines unheimlich interessanten, inspirierenden und kreativen Pärchens und ihrem Gelben Auto mit uns geteilt hast!
Es war mir ein Vergnügen!
Übersetzt aus dem Englischen: Richard Lindhorst
Bilder: Marc Goldbaum
Elferspot Magazin