Nur wenige Wortkombinationen in der Autoszene lösen derart viele Emotionen aus wie „Nürburgring“ und „Porsche 911“. Das legendäre Asphaltband in der Eifel, das Christian Menzel kürzlich als schönsten Spielplatz der Welt bezeichnete, unter die Räder eines Porsche 911 zu nehmen, ist der Traum vieler Petrolheads. Während des 4367 Tribute, einem Trackday ganz exklusiv für klassische Elfer, wurde dieser Traum für eine exklusive Gruppe von Porsche-Liebhabern wahr. Wir waren für euch mit dabei und konnten hautnah erleben, wieso von Mythos Porsche und Mythos Nürburgring die Rede ist! Gleichzeitig durften wir herausfinden, wie sich so ein Porsche 911 Backdate auf der Rennstrecke schlägt. Denn Benjamin Mang von Christian ABT Classic brachte den Backdate-Prototyp des 9RS mit in die Eifel!
Am Vorabend des 4367 Tributes trafen sich die Teilnehmer zu einem gemeinsamen Trackwalk – allerdings nicht zu Fuß, sondern bequem per Reisebus. An den entscheidenden Stellen machte die Gruppe Halt. So konnten die Knackpunkte genau inspiziert und besprochen werden. Vor allem für völlige Neulinge eine wertvolle Erfahrung. Denn die Nordschleife hat ihren Beinamen „Grüne Hölle“ nicht umsonst. Hier haben im Laufe der seit 1927 andauernden Geschichte bereits viele Fahrer ihre Liebe zum Rennsport sehr teuer bezahlen müssen. Das anschließende Dinner in der weltberühmten Pistenklause bot die Gelegenheit, das Gelernte zu verarbeiten und die Teilnehmer genauer kennenzulernen.
Schon die Anmeldung machte deutlich, dass es sich hier um ein Community-Event in familiärer Atmosphäre handelt. Jonas Nilsson begrüßte alle Teilnehmer persönlich. Seine Frau Cia und Tochter Linn übernahmen die Registrierung, händigten Sticker und Shirts aus. Viele Teilnehmer kennen sich bereits von Jonas‘ Veranstaltungen, wie dem 964 Tribe Hangout oder der No Nannies Conference, die bereits für Furore in der Porsche-Szene sorgten.
Es ist ein ungewöhnliches, vielleicht sogar einzigartiges Konzept, das den 4367 Tribute auszeichnet. Ausschließlich Porsche 911 der Baureihen 964, 993, 996 und 997 – einschließlich Modifieds und Backdates sowie speziellen Fahrzeugen wie zum Beispiel aus dem Hause RUF sind hier zugelassen. Zwar können in den schnellsten Gruppen auch Rennfahrzeuge mit Slicks eingesetzt werden, doch eine Zeitnahme oder gar Rennen gibt es nicht. „Überholt wird nur, sofern der Vordermann ein Signal per Blinker gibt“, gab uns Veranstalter Jonas Nilsson in der Fahrerbesprechung zu verstehen.
Und das hat seinen Grund. Durch diese sehr strikte Etikette ist sichergestellt, dass in keiner der drei Gruppen auf der Strecke der Ehrgeiz bei der Zeitenjagd überhand nimmt. Das heißt, bei diesem Trackday unter gleichgesinnten Eigentümern von Fahrzeugen mit teils fast siebenstelligem Wert ist das Risiko durch unüberlegte Manöver auf ein Minimum reduziert. So wird der Nürburgring zum safe place für die Piloten. Ein Paradoxon? Keineswegs, denn während des gesamten Events folgten alle Teilnehmer Credo: „Wir sind hier als Gemeinschaft und wollen zusammen Spaß haben“. So viel dürfen wir an dieser Stelle schon vorwegnehmen.
Eine solche Szenerie bietet sich ansonsten nur bei entsprechendem Prompt einer Text-zu-Bild KI: Die gesamte Boxengasse des Nürburgring Grand Prix Kurses war gesäumt mit Porsche 911 aus vier Baureihen und ebenso vielen Jahrzehnten. Die insgesamt knapp 70 Fahrzeuge boten derart viel zu sehen, dass man als Porsche-Fan fast überwältigt wurde. Die Bandbreite von 964 Carrera über 993 Cup Rennautos bis hin zu RWB-Umbauten, 996 GT2 und eben Backdates wie dem 9RS von Christian ABT Classic war atemberaubend.
Vor den Autos wurde gefachsimpelt, gestaunt und vor allem eines: gelacht! Das lag natürlich auch daran, dass sich zahlreiche Wiederholungstäter aus Skandinavien, dem Benelux-Raum, Großbritannien und Deutschland am Ring versammelten. So trafen wir mit Olav Gelissen von Speed Service in Sittard und Michael Gerischer von der Manufaktur 964 ebenfalls bekannte Gesichter. Sie hatten ihre weißen Schätzchen – einen 993 GT2 sowie einen blitzsauber aufgebauten 964 Carrera 4 – bereits für die ersten Runden präpariert.
Den ersten Turn fuhr Benjamin Mang. Der Elektrik-Experte von Christian ABT Classic übergab mir das Cockpit mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Der Wagen fühlt sich gut an, alles funktioniert, hab‘ einfach Spaß“, rief er mir zu. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen! Ich setze meinen Helm auf und nehme Platz im mattschwarzen 9RS. Die feinen Recaro Podium Carbonsitze versprechen viel Seitenhalt und sehen einfach wahnsinnig gut aus. Ich drehe den Zündschlüssel und erhalte eine erste Kostprobe der Sechszylinder-Boxer-Symphonie.
Schon die ersten Meter in die stark abfallende erste Kurve vermittelten Vertrauen. Zwar steht der Porsche 911 Backdate mit regulären Hankook S1 Evo nicht gerade auf Trackday-Reifen, doch der mit unter 1.100 Kilogramm federleichte 9RS aus Kempten im Allgäu verwöhnt mit hoher Lenkpräzision. Auch die Schaltvorgänge des G50-Getriebes sind dank des Short-Shifters eine wahre Freude. Die Mercedes Arena durchfährt sich quasi von allein.
Müsste ich nicht schon nach den ersten Metern unterm Helm vor Freude strahlen, würde ich es spätestens am Ausgang der Mercedes Arena tun. Denn was ich Rückspiegel sehe, erinnert mich an Szenarien aus dem Rennsimulator. Porsche 964 Carrera folgt auf 997 GT3 und RWB 964. Auch vor mir tummeln sich 964 Cup und einige Carreras. Wahnsinn!
Seit meiner ersten Begegnung mit dem Christian ABT Classic 9RS in Porsches Experience Center am Hockenheim ist viel passiert. Die Fahrwerksabstimmung ist nochmals harmonischer geworden. Untersteuern oder harsche Lastwechselreaktionen sind ein Fremdwort für den Backdate auf 993-Basis. Beim harten Anbremsen auf gerader Strecke in die berühmte Dunlop-Kehre zeigt sich der 9RS stabil, lässt sich auf der Bremse dann auch zielsicher in die 180-Grad-Kehre hinein rotieren. Traktion am Ausgang ist ohnehin im Überfluss vorhanden.
Im folgenden Schumacher-S zeigt sich das Bilstein-Fahrwerk auch von den Kurbs weitestgehend unbeeindruckt. Hier offenbart sich die jahrzehntelange Rennsport-Erfahrung der Truppe von Sebastian Riedl. Obwohl die meisten anderen Autos auf deutlich sportlicheren Reifen fahren, performt der ABT 9RS hervorragend. Und so ziehe ich meine Bahnen um die Grand Prix Strecke. Mit jeder Runde steigt das Vertrauen in den 911 Backdate weiter.
Einen großen Anteil daran hat übrigens auch das vorbildliche Benehmen aller Teilnehmer auf der Strecke. Läuft man auf langsamere Fahrzeuge auf, setzten sie pflichtbewusst den Blinker, sodass man sich nirgends auf der Bremse vorbeiquetschen muss. Und wenn dann doch mal ein moderner, schnellerer GT-Porsche von hinten kam, tat ich es ebenso. Ein Trackday frei von Egos und Wettbewerb – das war eine völlig neue, empfehlenswerte Erfahrung. Zu keiner Zeit sorgt man sich um das teure Auto, denn es drängelt kein Kompakt-Sportwagen im Attacke-Modus. Hier weiß jeder um den materiellen und emotionalen Wert der Fahrzeuge und verhält sich entsprechend.
Am Abend trafen wir uns in der Porsche Lounge am Nürburgring zum gemeinsamen Dinner. Zwischen den Gängen gab es ein unterhaltsames Programm, das in Zusammenarbeit mit Manthey organisiert wurde. Ich hatte die Ehre, auf der Bühne zwei besondere Gäste zu interviewen: Jörg aus Hamburg und Pål aus Stockholm. Beide sind leidenschaftliche Porsche-Enthusiasten und erzählten, wie sie ihre Passion für die Marke entdeckten.
Auf meine Frage, wann Jörgs Porsche-Leidenschaft begann, erzählte er eine Geschichte, die ihm seine Eltern einst verrieten. Denn Jörg ist das Kind einer Urlaubsreise mit einem Porsche 356 Speedster. Aus dem Publikum warf jemand ein: „Ich wusste gar nicht, dass der genug Platz dafür bietet!“ – Lautes Lachen füllte den Saal. Das Eis war gebrochen, und der Abend entwickelte sich zu einem regen Austausch unter Gleichgesinnten.
Neben den Gesprächen auf der Bühne bot das Dinner die perfekte Gelegenheit, sich mit Enthusiasten aus aller Welt auszutauschen. Alan aus den USA, die in Luxemburg lebende Familie Kent mit ihrer Tochter Shenna, die gerade nach einem Porsche 944 sucht, oder Matt aus Schottland, der stolz von seinem restaurierten Porsche 996 GT2 erzählte – es war eine bunte Mischung an Menschen, die alle eines gemeinsam hatten: ihre Liebe zu Porsche.
Als krönender Abschluss des 4367 Tribute wartete die anspruchsvollste Rennstrecke der Welt auf die Teilnehmer: die Nordschleife. Beim gemeinsamen Frühstück im Devil’s Diner herrschte trotz dichtem Nebel auf der Strecke beste Stimmung. Einige nutzten die Zeit, um ihre Fahrzeuge einem letzten Check bei Mantheys technischem Support-Team zu unterziehen.
Auf anfangs noch nasser Strecke ließ sich die Nürburgring-Nordschleife ganz stressfrei erkunden. Das niedrige Gripniveau ließ ohnehin keine allzu schnellen Runden zu.
Gegen 10 Uhr öffnete schließlich die an vielen Stellen noch feuchte Strecke. Die schwierigen Bedingungen boten jedoch die Gelegenheit, die Strecke in aller Ruhe kennenzulernen. Zumal nicht alle Autos sofort auf die Strecke drängten. Gerade Neulinge konnten sich so die Strecke in etwas gemächlicherem Tempo einprägen. Das merkte ich besonders auf zwei Beifahrerrunden mit Michael Gerischer, der zum ersten Mal die Nordschleife unter die Räder nahm. Es war kein Vergleich zum wilden Treiben bei Touristenfahrten.
Wie schon tags zuvor auf der Grand Prix Strecke stand das gemeinschaftliche Erlebnis im Vordergrund. Wer auf langsamere Fahrzeuge auflief, hielt sich zurück und gab dem Vordermann Zeit. So brauchte sich auch niemand Sorgen um sein Auto zu machen, weil übermotivierte Fahrer gerade ihre persönliche Bestzeit jagten. Der 4367 Tribute war dadurch mehr ein Treffen unter Freunden als ein klassischer Trackday. Rundstreckenneulinge und eingefleischte Racer kommen beim 4367 Tribute gleichermaßen auf ihre Kosten!
Der 4367 Tribute war weitaus mehr als nur ein Trackday. Es war ein Treffen von Gleichgesinnten, die auf der Rennstrecke ihre Leidenschaft für den Porsche 911 miteinander teilen konnten. Die gekonnt kreierte familiäre Atmosphäre mit gemeinsamen Mahlzeiten und einem bunten Rahmenprogramm zeigten, dass es bei Trackdays nicht nur um schnelle Runden gehen sollte. Stattdessen steht beim 4367 Tribute das gemeinsame Erleben im Mittelpunkt. Jonas Nilsson kreierte einen Trackday, der Porsche-Fans aus aller Welt zusammenbrachte. So fuhr ich im Wissen nach Hause, alte Freunde wiedergetroffen und einige neue gefunden zu haben…
© Fotos: Claes Nilsson / cnfoto.se, Rebecca Winter / @ringraceshoot, Iris van Beek / @camerasandclassics
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