„Er hat Mumm wie Jupp Heynckes im Schussbein und den rauen Charme von Jean-Paul Belmondo. Sein Erscheinungsbild prägen die neuen Sicherheitsstoßstangen (Bumpers), beachtliche innere Werte sind nach wie vor Zuverlässigkeit, Temperament, Sicherheit und solide Verarbeitung. “ So begrüßte Rudolf Urban von der Müncher Zeitung „tz“ das Modelljahr 1974 mit dem neuen Porsche 911 G-Modell. Doch die Fangemeinde war geschockt. Puristen weigerten sich zu verstehen, was gerade passiert war. Die amerikanischen Elfer-Freunde war indes froh, dass der Porsche 911 überhaupt noch lebte.
„Er hat Mumm wie Jupp Heynckes im Schussbein und den rauen Charme von Jean-Paul Belmondo.
Rudolf Urban
Porsche 911 S Targa 1977
Nach rund zehnjähriger Bauzeit wurde der 911 also umfangreich überarbeitet. Porsche fasste es im Verkaufsprospekt von 1976 so zusammen:
“Einen 911 gab es bereits 1964 – und er sah damals kaum anders aus als heute. Er war nicht nur fast ebenso schön – er war auch fast ebenso schnell: 210 km/h. Was also haben wir seither getan? Elf Jahre Modellkonstanz, das heißt elf Jahre Feinarbeit am Detail: kaum zu sehen, aber sofort zu spüren. Eine Vergleichsfahrt von nur wenigen Minuten Dauer würde Ihnen den entscheidenden Unterschied deutlich machen. Im Porsche von heute erscheint Ihnen das gleiche Tempo nur halb so schnell – und halb so anstrengend. Die gleiche Leistung fällt bei Drehzahlen an, die um ein Drittel niedriger liegen. Das höhere Drehmoment erlaubt längere Getriebeübersetzungen und macht den Motor elastisch. Man muß viel seltener schalten. Und – es ist wesentlich leiser geworden im Porsche.”
Das Modellprogramm für das Jahr 1974 umfasste drei Motor- und zwei Bauvarianten. Alle Fahrzeuge hatten den 2,7-Liter-Motor. In den Modellen Porsche 911 und Porsche 911 S mit 150 und 175 PS sorgte eine Bosch K-Jetronic für die Gemischaufbereitung, während im Carrera die vom Vorgänger Carrera RS übernommene mechanische Einspritzung für 210 PS sorgte. Es gab es den 911er als Coupé und Targa, erstmals konnte auch der Carrera mit dem offenen Dach bestellt werden. Während die Basispreise (aus heutiger Sicht) durchaus attraktiv angesetzt waren (26.980 DM für den 911, 30.980 DM für den 911 S), konnten die Extras beträchtlich ins Geld gehen. So konnte ein voll ausgerüsteter 911 damals durchaus satte 40.000 DM kosten.
Mit dem neuen Porsche 911 2.7 G-Modell servierte Porsche eine ganze Reihe kleinerer Optimierungen. Die wichtigsten waren:
150 PS waren 1974 noch eine Ansage, denn das Normalautomobil musste sich in der Regel mit rund 50 – 75 PS begnügen. Dank niedrigem Gewicht waren durchaus sportliche Fahrleistungen möglich. Den Sprint von 0 bis 100 km/h absolvierte der Porsche in 8,2 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wurde mit stattlichen 210,4 km/h gemessen. Und bitte nicht vergessen, wir reden hier von den 70er Jahren. Das Ansprechverhalten am Gas wirkt direkt und typisch für einen 6-Zylinder Boxer entfaltet der Wagen erst jenseits der 4.000 Touren sein volles Klang- und Leistungspotential. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der 150PS 911 in Sachen Drehmoment dem 911S in nichts nach steht. Sowohl 911 als auch 911S haben 235NM Drehmoment, der ,,kleine’’ 911 erreicht sein Maximum sogar 200 Touren früher als sein großer Bruder, nämlich bei 3.800 Umdrehungen pro Minute.
Ein leicht untersteuerndes Fahrverhalten attestierte Tester Fritz Reuter dem 911-er, aber das lieben wir ja alle am Elfer. Die Fachzeitschrift auto motor und sport verglich den 911 S im Sommer 1974 mit seinen damaligen Hauptkonkurrenten: Mercedes 280 SLC, BMW 3.0 CSi und Alfa Romeo Montreal (8 Zylinder). Der Porsche war damals übrigens mit 175 PS der schwächste der Konkurrenten. Trotz seines PS-Defizits wurde der Porsche 911 Sieger in den Disziplinen Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit.
Trotz seines PS-Defizits wurde der Porsche 911 Sieger in den Disziplinen Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit.
Nur Lob erhielten die Bremsen und dem Fahrkomfort wurden im Vergleich zum Vorgänger grosse Fortschritte attestiert. Kein Wunder, stand dann auch im Fazit des im Folgejahr publizierten Dauertests, dass der 911 einer der besten Allround-Sportwagen der Welt sei. Ab Modelljahr 1976 wurden die tragenden Teile der Karosserie feuerverzinkt und damit dem größten Problem der ersten Baureihen erhebliche Abhilfe geschaffen. Das also zu den Fakten von damals.
Wurde noch vor wenigen Jahren manches G-Modell umgebaut, um ein Auto der Vorgänger-Serie zu mimen, steigt die Nachfrage heute nach guterhaltenen und originalen, schmalen G-Modellen. Mancher Sammler hat erkannt, dass die Stückzahlen damals noch gering und die Technik durchaus exquisit war. Gute Fahrzeuge sind gar nicht mehr leicht zu finden, denn schon damals in den Siebzigern wurden schmale G-Modelle häufig umgebaut. Als Vorbild galt der neue, sehr breite und mächtige 911 Turbo, der 1975 auf den Markt kam. Zudem gelten gerade die Autos jener Jahre als recht gut haltbar und gleichzeitig weitgehend unverfälscht, schliesslich wurde in jenen Jahren mit Ausnahme der Einspritzung kaum etwas an der traditionellen Technologie-Ausrichtung verändert.
Das schmale G-Modell (Porsche 911 2.7) findet nun endlich das verdiente Licht und tritt aus dem Schatten anderer Modelle. In Anbetracht der bereits sehr hohen Preise für F-Modelle, stellt das frühe G-Modell eine echte Alternative dar. Deutlich bessere Fahrleistungen kombiniert mit klassischer Optik machen das schmale G-Modell zu einem sehr spannenden Elfer.
Deutlich bessere Fahrleistungen kombiniert mit klassischer Optik machen das schmale G-Modell zu einem sehr spannenden Elfer.
Fahrzeug im Beitrag: Porsche 911S Targa 2,7 aus dem Jahr 1977 (vollverzinkt)
Pictures by: Roman Rätzke Fotografie (www.roman-raetzke.de)
Elferspot Magazin